SOKRATES an der Universitätsbibliothek Eichstätt

A. Wittmann / W. Kalb


    

Das EDV-Projekt SOKRATES der bayerischen staatlichen Bibliotheken mit seinen Hauptbestandteilen BVB-KAT, OPAC, SIAS und SIERA hat Anfang des Jahres 1994 auch an der Universitätsbibliothek Eichstätt Einzug gehalten. Als erste Abteilung wurde die Katalogabteilung auf EDV umgestellt. Der zweite Schritt folgte im November 1994 mit Einführung des Online-Benutzerkataloges OPAC. Als dritter Schritt soll 1995 die Einführung der automatisierten Ausleihverbuchung SIAS folgen, und zuletzt auch die Erwerbungsabteilung auf EDV umgestellt werden.

Das EDV-Projekt SOKRATES (System für Online-Katalog-Recherche, Ausleihe, Telekommunikation, Erwerbung und Katalogisierung von Schrifttum) ist ein Gemeinschaftsprojekt aller bayerischen staatlichen Bibliotheken unter der Leitung der Generaldirektion der Bayerischen Staatlichen Bibliotheken. Ziel des Projektes ist es, an den bayerischen Bibliotheken eine moderne und leistungsfaehige EDV bereitzustellen, wobei jedoch der Grundgedanke war, im Sinne einer möglichst effektiven Ausnutzung der Möglichkeiten der EDV nicht an jeder Bibliothek ein isoliertes EDV-System zu installieren, sondern ein hohes Maß an Zusammenarbeit und Arbeitsteilung aller teilnehmenden bayerischen Bibliotheken zu erreichen. Die Hauptbestandteile von SOKRATES sind zum einen auf bayerischer Ebene das Online-Katalogisierungssystem BVB-KAT, zum anderen auf lokaler Ebene die Komponenten OPAC (Benutzerkatalog), SIAS (Ausleihverbuchung) und SIERA (Erwerbung). Alle Komponenten sind miteinander verbunden und nutzen eine gemeinsame Datenbasis.

BVB-KAT

Basis für die Automatisierung der Bibliotheken ist die zentrale Katalogdatenhaltung auf dem Großrechner der Generaldirektion in München, an den alle an SOKRATES teilnehmenden Bibliotheken über das deutsche Wissenschaftsnetz (WIN) angeschlossen sind. Seit Ende der 60er Jahre wurden Katalogisierungsdaten von bayerischen Bibliotheken in maschinenlesbarer Form erfaßt, und zwar in einem Offline-Verfahren: Die Katalogisierungsdaten wurden an den einzelnen Bibliotheken auf Datenträgern erfaßt und an die Generaldirektion geleitet, dort wurden sie in die zentrale Datenbank eingespielt. Für die einzelnen Bibliotheken wurden die jeweiligen lokalen Kataloge zunächst als Papierausdruck, später in Form von Mikrofiches als Auszug aus der zentralen Datenbank hergestellt; dies war der bekannte Mikrofichekatalog, der auch an der Universitätsbibliothek Eichstätt den Benutzern zur Verfügung steht. Dieses Verfahren brachte einige Nachteile mit sich: Zwischen dem Zeitpunkt der Katalogisierung und der Recherchierbarkeit eines neuen Buches im Mikrofichekatalog konnte sehr lange Zeit vergehen, mitunter mehrere Monate. Auch war mit diesem Verfahren die Nutzung von Fremdleistungen nur eingeschränkt möglich.

Seit Frühjahr 1994 sind nun alle bayerischen staatlichen Bibliotheken, insgesamt 52 an der Zahl, und auch die Universitätsbibliothek Eichstätt online über das WIN an den Großrechner der Generaldirektion in München und damit an die zentrale Katalogdatenbank angeschlossen. Bei der Katalogisierung von neuen Buechern arbeiten die Mitarbeiter der Katalogabteilung nunmehr direkt in der zentralen Datenbank in München. Jeder Katalogarbeitsplatz der Universitätsbibliothek Eichstätt wurde mit einem PC ausgestattet, der über das lokale Rechnernetz der Katholischen Universität Eichstätt mit dem Bibliotheksrechner der Universität verbunden ist. Von dort wird über das WIN eine Verbindung zum Großrechner der Generaldirektion in München aufgebaut. Die Eingabe der Daten erfolgt über ein System von Bildschirmmasken, das sowohl der Recherche von Datenbeständen als auch zur Dateneingabe dient. Nach Abschluss der Dateneingabe stehen die neuen Daten sofort für alle anderen Teilnehmer zur Verfügung und sind recherchierbar. Der große Vorteil dieses Systems ist aber auch, daß Leistungen anderer Bibliotheken direkt übernommen werden können: Ein großer Teil der an den Bibliotheken angeschafften Literatur wird von allen Bibliotheken erworben. Diese in Bayern mehrfach vorhandenen Titel müssen nun nur noch einmal zentral katalogisiert werden, weitere Bibliotheken müssen an den dann bestehenden Datensatz nur noch ihre Besitzmerkmale anhängen, um ihn als in der jeweiligen Bibliothek vorhanden zu kennzeichnen. Neben der Katalogabteilung haben auch die anderen Abteilungen der Universitätsbibliothek Eichstätt Zugriff auf die zentrale Katalogdatenbank in München, jedoch nur für Recherchezwecke bei Erwerbung, der Benutzerauskunft und vor allem auch für die Zwecke der Fernleihe.

OPAC

Im August 1994 wurde begonnen, den zweiten großen Schritt bei der Umstellung der Universitätsbibliothek Eichstätt auf EDV vorzubereiten. Aus der zentralen Katalogisierungsdatenbank der bayerischen Bibliotheken wurden die Eichstätter Katalogdaten ausgespeichert und auf den Bibliotheksrechner der Katholischen Universität Eichstätt aufgespielt. Dieser Rechner wurde bereits im Frühjahr 1994 in Betrieb genommen, da über ihn auch die Kommunikation der Universitätsbibliothek mit dem bayerischen Bibliotheksrechner in München abgewickelt wird. Es handelt sich um einen Rechner des Typs RM600 der Firma Siemens Nixdorf unter dem Betriebssystem SINIX, einem UNIX-Derivat, der mit 3 RISC-Prozessoren MIPS R4400, 400 MByte Hauptspeicher und 8 GigaByte Festplattenspeicher ausgestattet ist. Die Eichstätter Katalogdaten werden auf dieser RM600 mit Hilfe des relationalen Datenbanksystems Informix verwaltet, auf dem auch die lokalen SOKRATES-Anwendungen in Eichstätt basieren. Die erste dieser Anwendungen, die in Betrieb genommen wurde, ist der Benutzerkatalog OPAC (Online Public Access Catalogue). Mit dem OPAC können die Bibliotheksbenutzer selbständig unter einer einfachen, menügesteuerten Oberfläche in den Beständen der Universitätsbibliothek Eichstätt recherchieren (siehe dazu auch den ausführlichen Artikel zum OPAC weiter unten).

Im Moment stehen als mit dem OPAC recherchierbare Datenbasis leider nur die Katalogisierungsdaten mit Stand bis August 1994 zur Verfügung. Ab Frühjahr 1995 soll der lokale Datenbestand über eine spezielle Online-Schnittstelle laufend aus der zentralen Katalogisierungsdatenbank in München aktualisiert werden, so daß kurz nach erfolgter Katalogisierung in Eichstätt diese Bücher für den Benutzer mit dem OPAC recherchierbar sind.

Der OPAC kann an allen an das lokale Rechnernetz der Katholischen Universität Eichstätt angeschlossenen Arbeitsplatz-PCs aufgerufen werden, auch in Ingolstadt und München, seine Benutzung ist also nicht auf die Lesesäle der Bibliothek beschränkt, in denen (mit Ausnahme der Teilbibliothek Süd, Industriestraße) im Laufe der nächsten Wochen OPAC-PCs installiert werden. Im Lesesaal der Zentralbibliothek stehen vorerst vier OPAC-PCs zur Verfügung.

SIAS

Die Umstellung der Ausleihverbuchung der Universitätsbibliothek Eichstätt mit der SOKRATES-Komponente SIAS erfordert seitens der Bibliothek noch wesentlich mehr Vorbereitungen als es bei der Einführung des OPAC der Fall war: Zum einen müssen umfangreiche Korrekturarbeiten im Datenbestand der Universitätsbibliothek durch die Katalogabteilung geleistet werden (weit über 200.000 Korrekturen), zum anderen muß jedes an der Universitätsbibliothek vorhandene Buch, insgesamt immerhin ca. 1,5 Millionen Bände, mit einem Strichcode-Etikett mit einer fortlaufenden Nummer ausgestattet werden. Die Nummern der Etiketten müssen maschinenlesbar erfaßt und mit der lokalen Datenbank auf dem Eichstätter Bibliotheksrechner verknüpft werden, um eine eindeutige Identifizierung jeden Buches mit Hilfe der als Strichcode codierten Nummer auf dem Etikett zu ermöglichen. Diese Arbeiten laufen seit Mitte 1994.

Zukünftig muß bei jedem Ausleih- und Rückgabevorgang vom Ausleihpersonal nur noch mit Hilfe eines Strichcodescanners die Identifikationsnummer des betroffenen Buches eingelesen werden, der restliche Ausleihvorgang geschieht dann automatisch. Auch alle anderen Vorgänge im Zusammenhang mit der Ausleihverbuchung erledigt SIAS, zum Beispiel die Überwachung von Ausleihfristen und automatische Erstellung von Mahnungen bei Fristüberschreitung, die Handhabung von Vormerkungen und Verlängerungen, etc. SIAS arbeitet eng mit dem Benutzerkatalog OPAC zusammen. Dem Benutzer wird bei erfolgreicher Recherche nach einem Buch angezeigt, ob dieses Buch gerade ausgeliehen oder ob es für ihn bestellbar ist. In diesem Fall kann der Benutzer direkt im OPAC die Bestellung vornehmen, das gewohnte Ausfüllen von Leihscheinen entfällt also. Ebenso können ausgeliehene Böcher am OPAC vom Benutzer selbst verlängert werden, und vieles andere. SIAS wird also für den Benutzer, aber auch für die Bibliothekare große Erleichterungen mit sich bringen, und die Bestände der Bibliothek einfacher benutzbar machen.

SIERA

Zuletzt wird auch die Erwerbungsabteilung der Universitätsbibliothek Eichstätt auf EDV umgestellt werden. Hierzu dient die SOKRATES-Komponente SIERA, die sich, ebenso wie SIAS, noch in der Entwicklung befindet. SIERA wird die Verwaltung der Bestellvorgänge in der Bibliothek effizienter machen und viele Arbeiten, die jetzt noch mühsam per Hand erledigt werden müssen, automatisieren. Dazu gehören zum Beispiel die automatische Erzeugung von Statistiken und deren Aufbereitung, die Reklamation ausstehender Lieferungen und die Etatkontrolle, die Verwaltung von bestellten Büchern, auch von Zeitschriften, usw. Auf lange Sicht soll auch eine direkte Kommunikation der Erwerbungsabteilung mit den Buchhändlern per Datenfernübertragung ermöglicht werden.

Die Umstellung eines Betriebes, und dazu gehört auch eine Universitaetsbibliothek, auf elektronische Datenverarbeitung bringt immer Probleme und auch viel Arbeit mit sich. Ohne die engagierte Mitarbeit und Anteilnahme aller Betroffenen, sowohl der Bibliothekare, aber auch der Bibliotheksbenutzer, ist eine solche Umstellung jedoch kaum möglich. Eine Bibliothek kann diese Umstellung auch nicht alleine leisten. Ohne die tatkräftige und zeitintensive Unterstützung durch das Rechenzentrum, in dessen Händen die EDV-spezifischen Aspekte des Eichstätter EDV-Systems SOKRATES liegen, wäre sie nicht möglich gewesen.