B. Brandel
Seit Anfang des Wintersemesters 2002 ist an der KU die neueste Distribution S.u.S.E. Linux 8.1 Professional im Einsatz. Da die ersten Erfahrungen mit dieser neuen Version insgesamt sehr erfreulich sind, war es höchste Zeit, diese in einem Artikel zu beschreiben und Ihnen Mut zur Nutzung von Linux zumindest als zweites Betriebssystem auf Ihrem PC zu machen.
Die Installation im PC-Pool HB-113 in Ingolstadt klappte nahezu reibungslos:
Nachdem das klassische Installationstool YaST mit seinen vielfältigen Einstellungsmöglichkeiten leider von S.u.S.E. zu Grabe getragen worden ist, hat sich sein graphisches Pendant YaST2 doch immerhin deutlich verbessert. Die Hardwareerkennung funktionierte im PC-Pool HB-113 (PentiumIII 933 MHz-Rechner) in Ingolstadt reibungslos. Alle Komponenten (Grafikkarte, Monitor, Tastatur, Maus, Soundkarte, Netzwerkkarte) wurden sofort erkannt und korrekt konfiguriert!
Der neue YaST2 lässt dem erfahrenen Linux-Installateur auch genügend Eingriffsmöglichkeiten bei der individuellen Paketauswahl und der freien Aufteilung der Festplatte. Die RPM-Paket-Datenbank mit all ihren Abhängigkeiten wird vom neuen YaST2 deutlich besser konsistent gehalten als zu früheren Zeiten.
Mit einer von YaST2 vorgeschlagenen Standardpaketauswahl ist eine Installation von S.u.S.E. Linux in deutlich unter einer Stunde durchgeführt. Allerdings empfiehlt es sich doch, sich für die Softwareauswahl mehr Zeit zu nehmen - gerade auf Pool-PCs ist besonders wichtig, genau auszuwählen, welche Software installiert werden sollte und welche besser nicht.
Die Netzwerkkonfiguration klappte ebenfalls reibungslos; die automatische IP-Adressenvergabe über DHCP, die bei früheren S.u.S.E.-Versionen Probleme bereitete, funktionierte: Damit konnte der Installations-PC 1:1 ohne weitere Nachbearbeitung auf die restlichen Pool-PCs geklont werden.
Das wahlweise Booten von S.u.S.E.-Linux und Windows2000 im PC-Pool HB-113 über den Windows2000-Bootmanager funktionierte problemlos. Es klappte sogar die undokumentierte umgekehrte Variante, nämlich beide Betriebssysteme über den Linux-Bootmanager LILO zu starten!
Nachdem die Installation im Pool so gut geklappt hatte, führte der Autor als Härtetest auch noch eine Installation auf einem Notebook (Dell Latitude C840) durch. Linux wird ja nachgesagt, dass es bei Notebooks schnell die Flügel strecken würde. Im großen Ganzen gestaltete sich der Versuch aber doch als recht erfreulich und erfolgreich, obwohl weder S.u.S.E. noch Dell bei diffizileren Problemen halfen:
Auf dem von Dell mit einer einzigen WindowsXP-Partition versehenen Notebook wurde mittels Partition Magic vorab Windows auf die ihm gemäße Größe zusammengestutzt, um für Linux Platz zu schaffen.
Bei der anschließenden Linux-Installation wurde fast alle Hardware auf Anhieb reibungslos erkannt: Grafikkarte, Netzwerkkarte, Soundkarte, Tastatur, Notebook-Bildschirm, Touchpad und Zeigerwarze. Insgesamt gab es folgende kleineren Schwierigkeiten, die nach kurzer Suche in der diesbezüglich recht aufschlussreichen Supportdatenbank schnell behoben waren:
S.u.S.E. wollte dem Autor irrtümlicherweise einen Doppelprozessorkernel aufzwängen. Die Ursache dafür liegt laut S.u.S.E. in einem Fehler von Intel bei der Motherboard-Spezifikation.
Das PCMCIA-Modul fror den Bootvorgang ein.
Das ACPI-Modul (Power Management) brachte die graphische Oberfläche zum Einsturz und musste durch das APM-Modul ersetzt werden.
Die 3D-Unterstützung der Grafikkarte musste nachinstalliert werden.
Als einziges größeres Problem verblieb die Installation des internen PCTEL 2304WT v. 92 MDC WinModems, das sich zusammen mit der Soundkarte on Board befindet. Die Konfiguration über YaST2 schlug fehl. Das war der einzige Zeitpunkt, wo der Autor den alten YaST schmerzlich vermisste.
Nach längerem Suchen und Posten in Newsgroups und anschließender Übersetzung und Installation der Treiber ließ sich aber inzwischen das Modem mit wvdial in Gang setzen. Es musste dazu das S-Register 11, das die Tonlänge und Zeitdauer zwischen den Tönen bei der Tonwahl einstellt, mittels `S11=55' auf 55 Millisekunden eingestellt werden. Dann klappte endlich die Einwahl - sowohl über einen Standardprovider (Mobilcom) als auch der DFN@home-Zugang über Mediaways.
Bei erfolgter Einwahl beendet allerdings die Soundkarte ihren Dienst - ein Problem, mit dem man leben kann, was der Autor aber demnächst bei Gelegenheit mit anderen Soundtreibern neu angehen möchte.
Was die aktuelle S.u.S.E.-Distribution Neues bietet, können Sie ausführlich unter http://www.suse.de/de/private/products/suse_linux/i386/new_features.html nachlesen. An dieser Stelle beschränkt sich der Autor daher auf wenige Beispiele:
Die Sicherheit von S.u.S.E. Linux hat sich verbessert. Es sind nicht mehr so viele unsichere Dienste aktiviert als früher. Mit der SuSE Firewall2 können Sie definieren, wem Sie Zugriff auf Ihren Linux-PC erlauben.
Das zum Aufspielen von Patches erforderliche Online-Update YOU funktioniert inzwischen auch reibungslos - allerdings war es nach der Grundinstallation sowohl im Pool als auch auf dem Notebook nicht verwendbar, sondern musste per Hand in Gang gepatcht werden - ein peinlicher Fehler, der S.u.S.E. wirklich nicht hätte passieren dürfen!
Die neue Distribution erweckt den Eindruck, dass die Nürnberger Softwareschmiede sehr darauf aus ist, den Linux-Anfängern Linux schmackhafter zu machen. Der Umfang des mitgelieferten Softwareangebots ist schon sehr beeindruckend. Leider Gottes sind aber einige Softwarepakete schlampig vorkonfiguriert und nach der Installation nicht ablauf fähig. Weniger Software mit korrekten Konfigurationsskripten wäre da deutlich besser. Diesbezüglich sollte sich S.u.S.E. Debian zum Vorbild nehmen! Glaubt man etwa, Windows-User nur durch solche typischen Windows-`Features' einfangen zu können?
Die Benutzeroberfläche KDE wird von S.u.S.E. leider in jeder Distribution mit völlig anderen Voreinstellungen vorkonfiguriert. Ist das wirklich notwendig? Ein seriöser Anwender, für den Betriebssystem und Benutzeroberfläche Mittel zum Zweck sind, und zwar zum Zweck maximaler Arbeitseffektivität, empfindet solche Voreinstellungen eher als Firlefanz. Einen Umsteiger von Windows mag dies jedoch freuen. In der so genannten Professional-Version sollten sachliche und effektive Voreinstellungen werksseitig ausgeliefert werden, während in der Personal-Version die `bunten' Voreinstellungen getroffen werden könnten.
Ein wenig stören die auch unter S.u.S.E. Linux immer mehr in Mode gekommenen Klicki-Bunti-Features, die eher die Performanz des Rechners aushebeln als die Arbeit erleichtern. Immerhin lassen sich diese Features besser als bei Windows deaktivieren.
Erwarten Sie nicht zu viel vom kostenlosen Installationssupport. Er hilft meist nur bei den Problemen weiter, deren Lösung Sie sowieso in der Supportdatenbank finden. Bei wirklich kniffligen Problemen wie der WinModem-Installation oder bei Problemen in früheren S.u.S.E.-Distributionen (z.B. dem früheren DHCP-Client-Bug) wurde gleich abgewunken: `Das übersteigt bei Weitem den Umfang des Installationssupports!'
KDevelop ist eine mächtige, benutzerfreundliche graphische C/C++ IDE (Integrierte Entwicklungsumgebung) für Linux mit graphischem Debugger etc.:
Die Benutzeroberfläche KDE 3.0.4 bietet, ähnlich wie die Oberfläche Gnome, im Vergleich zu den Oberflächen von Windows2000 und WindowsXP große Vorteile, die ein deutlich angenehmeres Arbeiten als unter Windows ermöglichen. Ausführliche Slideshows von KDE 3 und Gnome finden Sie unter http://www.linux-mandrake.com/en/demos/ Tutorial/). An dieser Stelle möchten wir Ihnen anhand eines kleinen Beispiels einige Vorteile von KDE gegenüber Windows vorstellen:
KDE 3.0.4 stellt Ihnen mehrere (voreingestellt: meist 4) virtuelle Desktops zur Verfügung, zwischen denen Sie per Mausklick einfach umschalten können. So könnten Ihre vier Desktops z.B. gerade belegt sein:
Sie können beispielsweise im ersten Desktop den WWW-Browser und Dateimanager Konqueror in Vollbilddarstellung offen haben, um im Internet zu recherchieren. Auf demselben Desktop sammeln Sie dann in einem zweiten Fenster, das Sie verkleinert und an den rechten Bildschirmrand von Desktop 1 verschoben haben, mittels der zu Microsoft Office 2000/XP kompatiblen Office Suite Open Office in einem Open-Office-Dokument die recherchierten Texte.
Hier kommt ein weiterer Clou vom KDE zur Anwendung: Durch Rechtsklick in die Fensterleiste des Open-Office-Fensters können Sie sich dieses ständig im Vordergrund anzeigen lassen. Das Konqueror-Vollbild ist nun permanent rechts vom Office-Fenster überdeckt:
Nun können Sie gleichzeitig mit dem Konqueror im WWW weiter recherchieren und ohne lästiges Fenster-nach-hinten-oder-vorne-Klicken anders als unter Windows bequem zwischen beiden Anwendungen wechseln und Ihre Rechercheergebnisse direkt mit der Maus per Copy/Paste ins Office-Dokument kopieren.
Auf dem zweiten Desktop haben Sie beispielsweise das E-Mail-Programm KMail offen, mit dem Sie Ihre Korrespondenz komfortabel schreiben können. KMail beherrscht auch automatische Signatur mit Gnu-PGP und Verschlüsselung.
Auf Desktop 3 haben Sie z.B. zwei Kommandofenster offen, um direkte Tastaturbefehle eingeben zu können.
Desktop 4 ist z.B. leer.
Selbstverständlich ist es möglich, Fenster in einen anderen Desktop zu verschieben oder auch besonders wichtige Fenster auf allen Desktops anzeigen zu lassen.
Unter Windows hätten Sie alle Anwendungen auf einem einzigen Desktop und keine Möglichkeit, Fenster permanent in den Vordergrund zu stellen!
S.u.S.E. Linux hat in den letzten Jahren einen deutlichen Schritt nach vorne gemacht.
Installation, Online-Update und Security wurden viel benutzerfreundlicher, so dass vor allem Linux-Neulinge und potentielle Windows-Umsteiger Ihre Berührungsängste schnell verlieren. Mit der Konfiguration der Softwarepakete hätte sich S.u.S.E. allerdings mehr Mühe geben können. Vereinzelte Software-Pakete sind nämlich nicht korrekt konfiguriert.
Für den erfahrenen Linux-Nutzer wirken allerdings manche doch zu bunten Bilder störend. Diese `Features' lassen sich zwar deaktivieren, aber lästig ist dies trotzdem.
Für alle wichtigen Aufgaben (Office, E-Mail, WWW, Software-Entwicklung) gibt es hochwertige Linux-Software, die die Funktionalität von Windows-Software in vielen Fällen erreicht hat oder sogar übertrifft. Auf unseren Faxserver können Sie ebenfalls problemlos per WWW oder IMAP zugreifen und Faxe lesen, ausdrucken, schreiben und versenden.
Es gibt immer weniger Gründe, Linux nicht zu verwenden. Eine gleichzeitige Nutzung beider Systeme auf einem PC kann der Autor guten Gewissens empfehlen.
Wer Lust auf Linux bekommen hat, ist herzlich zum Besuch der Linuxkurse des Universitätsrechenzentrums eingeladen. Nach Semesterende ist im Rahmen des momentan in Ingolstadt laufenden Linuxkurses ein Linux-Installationskurstermin geplant. Wenn Sie daran ebenfalls Interesse haben, nehmen Sie gerne Kontakt mit dem Autor auf!
Mit folgendem Bild (SSL-Zugang mit dem WWW-Browser Konqueror auf unseren Fax-Server) wünscht Ihnen der Autor herzlichst ein frohes und besinnliches Weihnachtsfest.
Weitere Informationen zu S.u.S.E.-Linux 8.1 Professional, KDE und Gnome finden Sie unter folgenden URLs:
http://www.suse.de/de/private/products/suse_linux/i386/index.html
(Produktinformationen von S.u.S.E.)
http://www.kde.org
Homepage des KDE-Projekts
http://www.konqueror.org/
Homepage des Konqueror-Projekts
http://www.linux-mandrake.com/en/demos/Tutorial/
Slide-Show der beiden Benutzeroberflächen KDE und Gnome
Ansprechpartner im URZ: | Zimmer: | Telefon: | PMail: |
Bernhard Brandel | IN: HB-204 | -1888 | bernhard.brandel |
Tomasz Partyka | EI: eO-107 | -1668 | tomasz.partyka |