E-Mail-Etikette
Dieser Beitrag versucht, den Artikel
"Electronic Mail Etiquette"
von David Harris, dem Autor von Pegasus Mail, im Deutschen nachzuempfinden.
Dieses Dokument stellt in Form einer "E-Mail-Etikette" einige einfache
Verhaltensregeln vor, die beim Schreiben
von
elektronischen
Nachrichten
beachtet werden sollten.
Es ist nicht der Sinn dieses Artikels, einen speziellen Schreibstil oder
genaue Verhaltensregeln zu fordern -
er ist vielmehr ein Versuch, wichtige Eigenschaften herauszustellen, die
die Klarheit unserer E-Mails betreffen. Denn bei E-Mail geht es vor allem
um Kommunikation. Daher sollte eine klare Ausdrucksweise dabei unser
oberstes Ziel sein.
Folgende Themen werden in diesem Artikel angesprochen:
Adressen und persönliche Namen
Ein "persönlicher Name" ist eine beliebige Zeichenkette, die
von vielen Mailprogrammen an Ihre
E-Mail-Adresse als Textkommentar angefügt werden kann.
Betreff-Zeilen
- Fügen Sie immer, aber auch wirklich immer, eine Betreff-Zeile
in Ihre Nachricht ein!
Fast alle Mail-Systeme konfrontieren Sie mit einer Betreff-Zeile,
wenn Sie Ihren elektronischen Briefkasten durchschauen, und
oft ist sie der einzige Hinweis, den der Empfänger von einer
Nachricht hat, wenn er Nachrichten suchen und einsortieren will.
- Füllen Sie die Betreff-Zeile mit wirklichen Inhalten.
Wenn Sie z.B. eine Nachricht an den Technischen Support von WordPerfect
schreiben und als Betreff "WordPerfect" angeben, hätten sie sich diese
"Zusatzinformation" gleich sparen können.
- Wenn Sie auf eine Nachricht antworten, jedoch den Grund Ihrer Konversation
ändern wollen, ändern Sie bitte die Betreff-Zeile auch -
besser noch, sie schreiben eine völlig neue Nachricht.
Der Betreff ist üblicherweise der leichteste Weg, den Weg einer
Konversation nachzuverfolgen. Daher kann die Änderung des
Konversationsthemas
ohne Änderung des Betreffs verwirrend sein und das Einordnen der
Nachricht schwierig machen.
Länge, Inhalt und Format von Nachrichten
- Versuchen Sie, die Länge Ihrer Nachricht dem Tenor der
Konversation anzupassen: wenn Sie lediglich eine
schnelle Anfrage machen wollen, dann fassen Sie sich bitte kurz und
kommen Sie auf den Punkt.
- Ganz allgemein: Halten Sie sich so strikt wie möglich an den Betreff
Ihrer Nachricht. Falls Sie wirklich auf ein völlig neues Thema
verzweigen müssen, dann ist es oft besser eine neue Nachricht zu
schreiben, die es dem Empfänger erlaubt, sie eventuell unter einem
anderen Themenbereich abzulegen.
- Verwenden Sie - gerade im Deutschen mit seiner alles in allem doch
hilfreichen Klein- und Großschreibung - bitte keine Blockschrift!
Sie ist extrem schwer zu lesen (obwohl eine kurze, wichtige Bemerkung in
Großbuchstaben zur Klarheit beitragen kann). Versuchen Sie, Ihre
Nachricht in logische Paragraphen zu unterteilen, und vermeiden Sie bitte
Kant'schen Satzbau und Kant'sche Satzlängen. Bitte vermeiden Sie auch
einen rein substantivistischen
Stil. Er macht Inhalte nicht wissenschaftlicher.
Keine andere Sprache als die deutsche verführt so sehr dazu!
- Achten Sie bitte auch auf korrekte Grammatik, Interpunktion und
Rechtschreibung.
E-Mail dient vor allem der Kommunikation - Fehler dieser Art
machen Nachrichten schlecht lesbar und können verwirren.
Zugegeben - E-Mail ist schnell. Aber das heißt noch lange nicht, dass
man beim Schreiben schlampig sein sollte. Gerade der allerschlimmste
Wörterbrei, den ich je sah, wurde in E-Mail-Nachrichten kreiert.
Wenn Ihre Worte bedeutend genug sind, um aufgeschrieben zu werden, dann ist
es genauso wichtig, dass sie richtig geschrieben werden!
- Vermeiden Sie
öffentliche Anschuldigungen unterhalb der
Gürtellinie (engl.: "flames")
- Nachrichten, die im Zorn verschickt wurden. Nachrichten, die in der
Hitze des Augenblicks verschickt werden, bringen i.a. die Situation nur zum
Eskalieren und werden meist später bedauert.
Kühlen Sie lieber erst Ihr erhitztes Gemüt, bevor Sie einen solchen Verbalkrieg
starten. (Brühen Sie sich eine gute Tasse Tee auf - es ist erstaunlich,
wie sehr man sich in dieser kurzen Zeit beruhigt,
überdies lässt der Genuss einer Tasse guten Tees die Widerwärtigkeiten
dieser Welt vergessen).
Antworten
- Nehmen Sie in Ihren Text genügend viel vom Originalbrief mit auf, damit
der Zusammenhang für Ihren Adressaten besser nachvollziehbar ist.
Bedenken Sie außerdem, dass eine E-Mail nicht "live" ist
wie z.B. ein Telefongespräch und dass der Empfänger den Inhalt
der Originalnachricht nicht nachfragen kann, erst recht nicht, wenn er oder sie
täglich viele Nachrichten erhält.
Wenn Sie die relevanten Teile des Originaltextes mit in Ihre Antwort
aufnehmen, hilft das dem Empfänger, sich den Kontext der Diskussion wieder
ins Bewusstsein zu rufen.
- Wiederholen Sie dabei vom Original nur das Minimum, das Sie wirklich
brauchen.
Eines der ärgerlichsten Erlebnisse mit E-Mails
(besonders beliebt in Newsgroups!) ist jene: Sie erhalten Ihre eben
geschriebene Fünf-Seiten-Nachricht vollständig zitiert zurück,
während Ihr Adressat lediglich die beiden inhaltsschweren Worte
"Ich auch" am Fuße der Nachricht hinterlassen hat.
Gehen Sie mit Originalzitaten möglichst sparsam um. Zitieren Sie nur
genau das, was Sie zur Klarheit Ihrer eigenen Äußerungen benötigen.
- Verwenden Sie bitte auch visuelle Markierungen, damit Ihr Adressat sehen
kann, wo er selbst von Ihnen zitiert wird und wo Sie ihm antworten - das
macht Ihre Antwort wesentlich lesbarer. Das Zeichen ">" ist ein typisches
Markierungszeichen für zitierten Text. Es bleibt Ihnen selbstverständlich
überlassen, welches Markierungszeichen Sie verwenden, vorausgesetzt, dass
seine Verwendung klar ist und dass Sie es konsistent verwenden.
- Achten Sie bitte sorgfältig darauf, wohin Ihre Rückantwort geht:
konkret gesagt: es kann höchst peinlich für Sie sein, wenn eine
persönliche Nachricht in einer
Verteilerliste
(mailing list)
landet, und es ist in der Regel ärgerlich für die anderen Personen auf
der Verteilerliste.
- Fragen Sie sich, ob Ihre Antwort tatsächlich gerechtfertigt ist -
eine Rückantwort an einen Listenserver, in der nur drinsteht
"Das finde ich auch!", sollten Sie möglicherweise besser privat an
den Autor der Originalnachricht schicken.
Signaturen (Signatures)
Eine ßignatur" ist ein kleiner Textblock, der ans Ende Ihrer Nachrichten
angefügt wird. Er enthält Informationen, wo und wie Sie erreichbar sind
(z.B.: Name, Anschrift, Telefonnummer, Faxnummer).
Viele Mail-Programme können automatisch eine Signatur an Ihre Nachrichten
anhängen. Signaturen sind eine sehr gute Erfindung, aber auch Gegenstand
des Missbrauchs; Ausgewogenheit ist der Schlüssel für eine gute
Signatur.
- Verwenden Sie eine Signatur wann immer Sie können:
Stellen Sie sicher, dass sie Sie identifiziert und dass
sie Alternativen angibt, Sie zu erreichen (z.B. Telefon und Fax).
Auf vielen Systemen, vor allem, wenn Mails über Gateways
geleitet werden, ist Ihre Signatur möglicherweise für den Empfänger
der einzige Hinweis, mit dem er feststellen kann, wer Sie sind.
- Halten Sie Ihre Signatur kurz - vier bis sieben Zeilen sollten maximal
genügen. Unnötig lange Signaturen vergeuden Platz (vor allem,
wenn Sie an Verteilerlisten geschickt werden) und können als lästig
empfunden werden.
- Einige Mailsysteme erlauben Ihnen, Ihrer Signatur Zufallstexte anzufügen.
Das kann ganz nett sein; es kann Ihren Nachrichten eine zusätzliche
persönliche Note geben - vorausgesetzt, Sie tun es sorgfältig.
Beachten Sie bitte dazu folgende Grundregeln:
- Fassen Sie sich kurz! Die Länge Ihres Zufallstextes vergrößert
die Länge Ihrer Signatur.
Wenn es nicht bei einem Aphorismus bleibt und Sie stattdessen einen
Auszug von 5000 Worten aus Kants "Kritik der reinen Vernunft"
als Signaturanhängsel verwenden, werden Sie damit - vom substantivistischen
und verschachtelten Stil (s.o.) völlig abgesehen - keine neuen Freunde
gewinnen!
- Die Auffassungen, was beleidigend ist und was nicht, variieren sehr.
Vermeiden Sie deshalb Bemerkungen, die Menschen aufgrund ihrer Religion,
Rasse, politischer Einstellung oder ihres Geschlechts verletzen könnten.
- Vermeiden Sie bitte zu ortsspezifische Bemerkungen, da sie für Empfänger
in anderen Städten, Ländern oder Kulturen wahrscheinlich uninteressant
sind.
- Variable Signaturen sind gewöhnlich am besten, wenn sie amüsant sind;
polemische Ausbrüche über Politik oder andere "dankbare"
Themengebiete werden die meisten Empfänger anwidern, aber ein
Einzeiler, der zum Schmunzeln anregt, kann einem den ganzen Tag versüßen.
Ein Beispiel für eine Signatur steht am Ende
dieses Beitrags.
Höflichkeit (Courtesy)
E-Mail ist in erster Linie Kommunikation mit anderen Menschen, daher sollte
eine gewisse Höflichkeit selbstverständlich sein.
- Wenn Sie um etwas bitten, vergessen Sie bitte das Wort "Bitte" nicht!
Genauso selbstverständlich sollte es sein, dass Sie sich für die Mühe,
die Ihr Adressat sich für Sie gemacht hat, bedanken!
Obwohl es mir fast peinlich ist, diese Selbstverständlichkeiten hier
anzuführen, ist es immer wieder erstaunlich, wieviele Menschen
mit sonst perfekten Umgangsformen Ihre guten Manieren in Ihren E-Mails
zu vergessen scheinen.
- Erwarten Sie keine sofortige Antwort. E-Mail zu verwenden bedeutet nämlich
auch, Kommunikation dann durchführen zu können, wenn dies zeitlich
möglich ist. Wenn Sie also nach zehn Minuten noch
keine Antwort erhalten haben, nehmen Sie es bitte nicht persönlich!
Es heißt nicht, dass die Empfängerin Sie ignoriert und gibt
genausowenig Anlass zu Beleidigungen.
- Seien Sie sich immer bewusst, dass es kein sicheres Mail-System gibt.
Es ist leichtsinnig, sehr persönliche oder heikle Informationen per E-Mail
zu verschicken, es sei denn, Sie verschlüsseln sie mit Hilfe eines
gängigen Verschlüsselungsprogramms.
Denken Sie auch an den Empfänger - Sie sind nicht die einzige Person,
die peinlich in Verlegenheit käme, wenn eine delikate Nachricht in falsche
Hände fiele.
"Smileys (smiley faces)" (Emoticons)
E-Mail hat sehr viel von der Unmittelbarkeit einer Konversation, ist aber
völlig frei von "Körpersprache". Die Internet-"Subkultur" hatte
vor Jahren eine Antwort auf dieses Problem: "Smiley-Gesichter", oder
Gruppen von ASCII-Zeichen, die wie ein Gesicht auszusehen scheinen, das
auf die Seite gedreht ist.
Die gebräuchlichsten Smiley-Gesichter sind wohl folgende:
:-) oder :)
Ein lachendes Gesicht, das auf die Seite gedreht ist; allgemein verwendet,
um anzuzeigen, dass man amüsiert ist
oder dass ein Kommentar als lustig oder ironisch angesehen wird.
("<g>" oder "<grins>" wird auch manchmal verwendet).
:-( oder :(
Ein unglückliches Gesicht (auf der Seite stehend); allgemein verwendet,
um Enttäuschung oder Sorge auszudrücken.
;-)
Ein blinzelnder Smiley; er zeigt üblicherweise an, dass eine Bemerkung
einem nicht ganz abgenommen worden ist.
;->
Ein boshafter Smiley; zeigt gewöhnlich an, dass eine Bemerkung als
provokativ oder rassistisch aufgefasst wurde.
Es gibt noch hunderte von Smileys, die mehr oder weniger gut
zu verstehen sind.
Die Verwendung der gängigen Smileys kann die Klarheit Ihrer Botschaft
merklich verbessern, da diese Nuancen vermitteln können,
die Gesten gleichkommen. Jedoch wie immer bei Ausschmückungen -
zuviele Smileys im Text können ihre eigentliche Bedeutung zerstören.
Verwenden Sie sie also gut dosiert!
Zu guter Letzt
Vor allem anderen - denken Sie daran: bei E-Mail geht es um Kommunikation
mit anderen Menschen. Wenn Sie eine E-Mail schreiben, lesen Sie sie bitte
nochmals sorgfältig durch, bevor Sie sie absenden. Horchen Sie in sich
hinein, wie Ihre Reaktion wäre, wenn Sie die Mail erhalten würden.
Jede Minute, die Sie damit verbringen, Ihre E-Mail aussagekräftiger zu
machen, ist sinnvoll angelegt. Nehmen Sie sich diese Zeit!
Ich hoffe, dass dieser Artikel nicht als arrogante schulmeisterliche
Belehrung meinerseits aufgefasst wird - es ist in keinster Weise meine
Absicht, Schiedsrichter für den guten Geschmack zu sein ...
Ich erhalte aber selbst täglich eine immense Menge von E-Mails und
bin oft mit den schlimmsten Auswüchsen dieses Mediums konfrontiert.
Fassen Sie daher diesen Artikel als das auf, was er ist: eine Sammlung von
Gedanken zum Thema E-Mail und nicht als Versuch, Standards zu entwickeln
oder gar Ihnen einen bestimmten Stil aufzuzwingen.
Ich freue mich sehr auf Reaktionen zu diesem Artikel:
Ich bin über E-Mail über das Internet unter der Adresse
D.Harris@pmail.gen.nz erreichbar.
- David -
(Sun, 22 May 1994 13:27:16 +1200)
Dasselbe gilt selbstverständlich auch für mich als freien Übersetzer
dieses Artikels:
bernhard.brandel@ku-eichstaett.de
- Bernhard Brandel -
(Ingolstadt, den 25. Sept. 1996)
An example signature:
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Box 5451, Dunedin, New Zealand | e-mail: D.Harris@pmail.gen.nz
+64 3 4536880/Fax +64 3 4536612 | CIS:>internet:D.Harris@pmail.gen.nz
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Tomasz Partyka | EI: eO-107 | -1668 | tomasz.partyka |
Peter Kahoun | EI: eO-107 | -1296 | peter.kahoun |
Alexander Kaltenbacher | IN: AS-203 | -1885 | alexander.kaltenbacher |
Bernhard Brandel | IN: AS-201 | -1888 | bernhard.brandel |