LaTex2e: Eine neue LaTeX-Generation

P. Zimmermann


             

Zur Information über den momentanen Entwicklungsstand von LaTeX veröffentlichen wir den Artikel von Ralf Banning aus BI 95/1 + 2 der Universität Tübingen. Der Artikel wurde um den Absatz ''LaTeX2e am ZDV'' gekürzt, der für das ZDV spezifische Angaben enthält. Stattdessen werden an dieser Stelle die für die Kath. Universität Eichstätt geltenden Regelungen (in kursiver Schrift) dargelegt.

Der augenblickliche Zustand: LaTeX 2.09

Das Textformatierungsprogramm LaTeX hat sich in den zurückliegenden Jahren zu einem de facto Standard im Bereich der naturwissenschaftlichen Textverarbeitung entwickelt. Der zunächst recht enge Gestaltungsspielraum, den LaTeX dem Benutzer einräumt, ist in dieser Zeit durch sog.Erweiterungen im Bereich der Layoutgestaltung und des multilingualen Textsatzes erheblich ausgeweitet worden. Trotz dieser Erweiterungen sind aber einige einfache Layoutänderungen immer noch nicht durchführbar oder werden nicht benutzt, da die Durchführung kompliziert ist. Als problematischer Seiteneffekt dieser Entwicklung sind andererseits viele Erweiterungen von LaTeX entstanden, die nicht kompatibel sind. Zum Beispiel lassen sich griechische Texte mit einigen Makropaketen nicht in Fußnoten verwenden.

Als Nachteil wurde auch empfunden, daß neue, moderne Entwicklungen in LaTeX nicht berücksichtigt sind (z.B. 8-Bit Kodierung der Zeichensätze, Verwendung anderer digitaler Schriftfamilien, Graphik).

Als Reaktion auf die gegenwärtige Situation wurde das LaTeX 3.0 Projekt gegründet, das die LaTeX-Quellen von Grund auf neu implementiert, da die ''alten'' 2.09-Quellen von Leslie Lamport nicht weiterentwickelt werden. Das LaTeX 3.0 Projekt verfolgt u.a.folgende Ziele:

LaTeX 3.0 wird voraussichtlich alle wichtigen Erweiterungen bereits enthalten; u.a.Unterstützung für multilingualen Textsatz, Graphik und erweiterte Textsatzfähigkeiten.

Warum LaTeX2e?

Schon heute haben diverse Erweiterungen dazu geführt, daß mehrere LaTeX-''Dialekte'' existieren. Das macht die Bereitstellung von LaTeX sehr aufwendig. Darüberhinaus ist einer LaTeX 2.09-Quelle nicht anzusehen, welche Erweiterungen und Formate für ihre Bearbeitung vorausgesetzt sind. Damit droht ein wichtiger Vorteil von LaTeX - seine weltweite Kompatiblität - verloren zu gehen. Aus diesen Gründen hat sich das LaTeX 3.0-Team entschlosssen, eine stabile, ''abgespeckte'' Vorversion namens LaTeX2e freizugeben, um die unkontrollierte Entwicklung von LaTeX zu unterbinden. LaTeX2e besitzt folgende Eigenschaften:

Was ändert sich für den Benutzer?

Die Unterschiede von ''alt'' zu ''neu'' sind gering. Jeder, der LaTeX 2.09 beherrscht, kann sehr leicht auf LaTeX2e umsteigen. Die auffallendsten Veränderungen gibt es im Bereich der Dokumentstile, die jetzt als Dokumentenklassen} angesprochen werden, und der Fontauswahl (zu beiden Punkten im Abschnitt ''Unterschiede ... '' mehr).

Wer weiterhin LaTeX 2.09-Quellen benutzen will oder muß, hat zwei Möglichkeiten:

1. Die LaTeX 2.09-Quelle wird mit LaTeX2e bearbeitet. Der Aufruf erfolgt mit

latex2e datei
LaTeX2e schaltet bei Erkennen der Zeile \documentstyle{...} automatisch in den Kompatibilitätsmodus um. Dieser ist allerdings um bis zu 50% langsamer als die LaTeX2e-Bearbeitung einer LaTeX2e -Datei.

2. Bearbeiten der Quelle im sog. ''native mode''. Dazu muß die erste Zeile der LaTeX 2.09-Quelle (\documentstyle ...) gegen die Zeilen

\documentclass[Opt}\{Klasse}
\usepackage{latexsym, Pakete}
\usepackage{oldlfonts}

ausgetauscht werden. Dies sei an folgendem Beispiel verdeutlicht. Die LaTeX 2.09-Quelle old.tex mit dem Inhalt
\documentstyle[twoside,epsf]{article}
\begin{document}
.
.
.
\end{document}
ist in die Datei new.tex
\documentclass[twoside]{article}
\usepackage{latexsym,epsf}
\usepackage{oldlfonts}
\begin{document}
.
.
.
\end{document}
abzuändern. Die Bearbeitung erfolgt mit
latex2e new
Die letzte \usepackage-Zeile stellt sicher, daß die LaTeX 2.09-Befehle zur Fontauswahl verstanden werden; trotzdem kann in diesem Fall die fehlerfreie Bearbeitung des LaTeX 2.09-Dokuments nicht garantiert werden. Der einfachste Weg herauszufinden, ob ein LaTeX 2.09-Quelltext im native mode übersetzt werden kann, heißt: Ausprobieren!

LaTeX2e an der Kath.Universität Eichstätt

Über das hochschulweite Netz ist LaTeX2e wie folgt aufrufbar:
latex2e dateiname ENTER (Big TeX) latex2ea dateiname ENTER (Intel 8086/80286-Rechner)
LaTeX2e ist natürlich auch über das TeX-Menü auswählbar.

Ein Standardkopf für LaTeX2e-Dokumente kann mit dem Editor P-Edit (''EDI'') über die Tastenkombination

ALT-F10
l2e ENTER
erzeugt werden.

Das alte LaTeX (2.09) bleibt vorerst wie gewohnt mit

blatex dateiname ENTER (Big TeX)
latex dateiname ENTER (Intel 8086/80286-Rechner)
aufrufbar.

Unterschiede zwischen LaTeX und LaTeX2e

Die folgende tabellarische Übersicht der Unterschiede konzentriert sich auf die Bereiche, die den Standardtextsatz betreffen. Die Änderungen, die LaTeX -Programmierer betreffen (z.B. bei der Entwicklung von Paketen) sind wesentlich umfangreicher und können der Dokumentation [5] oder der Literatur [2],[4] entnommen werden. Die Dokumentation kann bei der TeX-Beratung eingesehen werden. Dies gilt auch für die Dokumentation der umfangreichen Erweiterungspakete, die für LaTeX2e zur Verfügung stehen werden.

In den nachfolgenden Tabellen sind durchgehend links die Befehle in der LaTeX 2.09-Form, rechts in der Form von LaTeX2e wiedergegeben.

Stil versus Klasse und Paket

In LaTeX2e werden Klassen und Pakete unterschieden. Klassen definieren das Layout für alle Bereiche des Textes und entsprechen dem Dokumentstil von LaTeX 2.09. Pakete modifizieren oder ergänzen das Layout der Klasse und sind mit den externen Stylefiles unter 2.09 vergleichbar.

Kommandos

Die bisherigen LaTeX 2.09-Kommandos können unverändert weiter verwendet werden (Ausnahme: Fontauswahl; siehe nächsten Abschnitt). In LaTeX2e sind aber einige Ergänzungen vorgenommen worden, die LaTeX komfortabler machen.

Fontauswahl

Die in der LaTeX2e-Spalte beschriebenen Font-Befehle sind Bestandteil des New Font Selection Scheme (NFSS), das für LaTeX 3.0 entwickelt wurde. Als wichtigste Verbesserung in NFSS ist die Verträglichkeit der Befehle zur Fontauswahl zu nennen, d.h.ein Hervorheben von Schrift (z.B. durch Auszeichnen mit Boldface) führt nicht mehr zur Veränderung der Schriftgröße, wie dies in LaTeX 2.09 vorkommen kann.

Font-Kompatibilität zu 2.09 mit Hilfe von Paketen:

Paket newlfont: Die LaTex 2.09-Fontbefehle werden mit NFSS-Befehlen emuliert.
Paket oldlfont: Die alten LaTeX 2.09-Fontbefehle können z.T. weiterverwendet werden.

Literatur

[1]  R. Banning / H.A. Groeneveld. 
     LaTeX - ein Formatierungsprogramm für Dokumente.
     Schriftenreihe des ZDV Nr. 1. Zentrum für Datenverarbeitung Universität
     Tübingen, 1995. 4. überarbeitete Auflage.

[2] Michael Goossens, Frank Mittelbach, and Alexander Samarin. The LaTeX Companion. Addison Wesley, Massachusetts, 1994.

[3] Donald E. Knuth. Typesetting concrete mathematics. TUGboat, 1989.

[4] Leslie Lamport. LaTeX: A Document Preparation System. Addison Wesley, Massachusetts, second edition, 1994.

[5] The LaTeX 3 Project. LaTeX2e for class and package writers, 1994. Preliminary draft June 1994.