Datei-Transfer unter KERMIT

oder

Lassen Sie sich nicht ein X für ein U vormachen

Dr. W.A. Slaby


Hat es Sie nicht auch schon einmal fürchterlich geärgert, was aus einem schönen deutschen Text mit Umlauten und Eszet nach der Übertragung vom PC auf den Zentralrechner Data General MV/9500 oder umgekehrt geworden ist: Nicht nur, daß mit den Zeilenenden etwas nicht mehr stimmt, auch die Umlaute und das Eszet sind nicht mehr das, was sie vor dem Datei-Transfer einmal waren. Wenn Sie jetzt meinen, das kann nur an dem etwas exotischen Zentralrechnertyp liegen: Weit gefehlt! Auch bei einem Datei-Transfer zwischen einem PC und einem ganz normalen UNIX-Rechner sieht das Ergebnis nicht viel besser aus.

Zwei Dinge sind für diese Probleme verantwortlich: Zum einen werden unterschiedliche Zeichen zur Markierung eines Zeilenendes verwendet; während sich UNIX-Rechner und Data General MV/9500 mit einem Newline-Zeichen (mit der Codierung hex 0A) als Zeilenendezeichen begnügen, wird auf dem PC das Ende einer Textzeile mit den beiden Zeichen CarriageReturn (mit der Codierung hex 0C) und LineFeed (mit der Codierung hex 0A) gekennzeichnet. Mit diesem Problem der Zeilenende-Markierung wird das üblicherweise im INTERNET und in lokalen Netzen eingesetzte Transferprogramm FTP noch fertig, wenn man mit dem FTP-Kommando

 type ascii
den Modus des Datei--Transfers entsprechend einstellt und anschließend auch tatsächlich nur Textdateien überträgt.

Das größere Problem besteht jedoch in der Verwendung unterschiedlicher Zeichensätze, deren Codierungen oberhalb von hex 7F deutlich voneinander abweichen. So besitzt beispielsweise das ä im IBM-PC-Zeichensatz die Codierung hex 84, gleichgültig ob Sie die "normale" Codepage 437 oder die zur Darstellung westeuropäischer Zeichensätze besser geeignete Codepage 850 eingestellt haben; im Zeichensatz DG-International dagegen, der auf dem Zentralrechner Data General MV/9500 verwendet wird, wird dasselbe ä durch den Code hex E3 verschlüsselt, während es in dem durch die internationale Norm ISO 8859-1 festgelegten Zeichensatz LATIN1, der üblicherweise in Westeuropa auf UNIX-Rechnern eingesetzt wird, mit dem Code hex E4 belegt wird. Erschwerend kommt hinzu, daß die im jeweiligen Zeichensatz darstellbaren Zeichen nicht unbedingt die gleichen sind: so gibt es beispielsweise im Zeichensatz LATIN1 das Zeichen ý mit der Codierung hex FD, welches im Zeichensatz DG-International nicht vorhanden ist, dafür liefert der Code hex FD im Zeichensatz DG-International das Zeichen ÿ , das im Zeichensatz LATIN1 fehlt.

In diesem Dilemma zeigt sich nun die besondere Stärke des Kommunikationsprogramms KERMIT: Während andere Transferprogramme wie FTP sich aus der Zeichensatzproblematik heraushalten und (mit Ausnahme des Zeilenendes) auch bei Textdateien jeden Zeichencode bei der Übertragung unangetastet lassen, ist KERMIT in der Lage, beim Datei-Transfer von Textdateien den auf der jeweiligen Seite verwendeten Zeichensatz zu berücksichtigen und eine Code-Umsetzung vorzunehmen, die die Darstellung der Zeichen soweit wie möglich erhält. So bleibt ein ä in einer Textdatei auf dem PC auch nach dem Transfer zum Zentralrechner ein ä, da KERMIT zwischen dem IBM-PC-Zeichensatz CP850 und dem Zeichensatz DG-International die erforderliche Code-Umsetzung vornimmt.

Damit Sie sich mit den Details der Einstellung diverser Parameter für den Datei-Transfer nicht herumschlagen müssen, haben wir für die Übertragung von Dateien zwischen PCs und UNIX-Rechnern in unserem hochschulweiten Rechnernetz bzw. zwischen PCs und dem Zentralrechner Data General MV/9500 entsprechende KERMIT-Macros vorbereitet. Wenn Sie also mit dem Kommando

     kermit < rechner> < terminalemulation>
eine Dialogverbindung zum gewünschten Rechner aufgebaut haben und während dieser Dialogsitzung mit der Tastenkombinaion < ALT>< ESC> oder < ALT>X auf die KERMIT-Kommandoebene wechseln, die durch den Prompt
     MS-Kermit>
angezeigt wird, haben Sie die Möglichkeit, mit dem KERMIT-Kommando
     tget < quelle> < ziel>
eine Textdatei mit der Bezeichnung < quelle> vom entfernten Rechner auf Ihren lokalen PC zu holen, die dort unter der Dateibezeichnung < ziel> abgelegt wird. Dabei wird gegebenenfalls eine unter der Bezeichnung < ziel> bereits existierende Datei überschrieben. Wenn die Angabe < ziel> bei diesem Kommandoaufruf fehlt, wird die Dateibezeichnung < quelle> (so gut das geht) auch für die Zieldatei auf dem PC verwendet. Beim Fehlen beider Parameter für die Dateibezeichnungen werden diese von KERMIT erfragt.

Entsprechend läßt sich mit dem KERMIT-Kommando

     tput < quelle> < ziel>
eine Textdatei mit der Bezeichnung < quelle> vom lokalen PC auf den entfernten UNIX- oder DG-Rechner übertragen, die dort unter der Dateibezeichnung < ziel> abgelegt wird.

Selbstverständlich besteht daneben die Möglichkeit, auch binäre Dateien transparent ohne jegliche Code-Umwandlung zu transferieren; verwenden Sie dazu die Kommandos

     bget < quelle> < ziel>
	
bzw.

     bput < quelle> < ziel>


Ansprechpartner im URZ:

Tomasz Partyka          Zimmer Ei: eO-107   CEO-Mail: partyka
                        Tel.: -296          PMail: tomasz.partyka                       
Dr. Wolfgang A. Slaby   Zimmer Ei: eO-109a  CEO-Mail: slaby 
                        Tel.: -214/-462     PMail: wolfgang.slaby