II. Zeitgeschichte


Boris Chavkin

Alexander Parvus – Financier der Weltrevolution


Izrail’ (Alexander) Lazarevič Helphand (Parvus) – russischer Revolutionär und Verfechter des deutschen Imperialismus, marxistischer Wissenschaftler und Großunternehmer, Kosmopolit und deutscher Patriot, hinter den Kulissen wirkender Politiker und internationaler Financier, sozialdemokratischer Publizist und politischer Abenteurer – war zweifellos eine markante Persönlichkeit, die seit langem die Historiker fasziniert. Ihr Interesse ist verständlich: Ohne Parvus, ebenso wie auch ohne „das deutsche Geld“, hätte es wahrscheinlich auch keine bolschewistische Revolution in der Form gegeben, in welcher sie 1917 in Rußland geschah.[1]

„Immer mehr Zeugnisse werden entdeckt, daß die Oktober-Konter­revolution hauptsächlich mit dem Kaisergeld vollbracht wurde, das als Lohn für den Austritt [Rußlands – B. Ch.] aus dem Krieg mit Deutschland erhalten wurde. [...] Die bekannteste Figur, über welche die subversive Arbeit von Lenins extremistischer Gruppierung finanziert wurde, war Alexander Lazarevič Parvus-Helphand“, schrieb Akademiemitglied A.N. Jakovlev.[2]

Die Papiere von Parvus selbst wie auch die mit seinem abenteuerlichen Leben und seiner vielseitigen Tätigkeit verbundenen Materialien werden in den Archiven von Österreich, Großbritannien, Deutschland, Rußland, den USA, der Türkei und der Schweiz aufbewahrt. Der Autor hatte Gelegenheit, in die Sammlungen von zwei Moskauer Archiven Einblick zu nehmen: der des Staatlichen Archivs der Russischen Föderation (GA RF) und der des Russischen Staatlichen Archivs für sozialpolitische Geschichte (RGASPI), in denen Materialien über das in Rede stehende Thema zu finden sind.[3]

Was wissen wir über das Leben von Helphand-Parvus?

Izrail’ Gel’fand/Helphand wurde 1867 im Zarenreich, in der Ortschaft Berezino, Gouvernement Minsk, als Sohn des jüdischen Handwerkers Lazar’ Helphand geboren. Nach einem Pogrom sah sich die Familie ohne Bleibe noch Existenzmittel und zog nach Odessa um, wo Lazar’ als Schauermann im Hafen arbeitete und Izrail’ ein Gymnasium besuchte. Offenbar verdankt Izrail’ Helphand gerade dem Odessaer Gymnasium sein ausgezeichnetes gepflegtes Russisch und die Kenntnis von europäischen Sprachen: Für ihn gab es keine Sprachbarrieren. In Odessa schloß sich der junge Gymnasiast Helphand den Zirkeln der Anhänger von „Narodnaja Volja“ an. Mit 19 Jahren reiste er in die Schweiz, nach Zürich, wo er Mitglieder der von Georgij Plechanov geleiteten russischen marxistischen Gruppe „Osvoboždenie truda“ kennenlernte. Unter ihrem Einfluß wurde Helphand Marxist. 1887 nahm er das Studium an der Universität Basel auf, das er 1891 als Dr. phil. absolvierte. Seine Dissertation hieß „Technische Organisation der Arbeit (‚Cooperation und Arbeitsteilung‘)“.[4]

Die Jahre an der Universität brachten zwei prägnante Züge von Helphand an den Tag: eine kolossale Arbeitsfähigkeit, die mit ebensolcher Selbstsicherheit einherging, und eine ausgeprägte Feindseligkeit gegen die Bourgeoisie, unlösbar mit dem Wunsch verbunden, reich zu werden.

Dr. Helphand schrieb oft in der sozialistischen Presse unter dem Pseudonym „Parvus“ (vom lat. „klein, gering“), das im weiteren zu seinem neuen Namen wurde.

Aus der Schweiz zog Parvus nach Deutschland um, wo er der SPD beitrat. Der prominente Vertreter der deutschen Sozialdemokratie Karl Kautsky sympathisierte mit Parvus und nannte ihn sogar im Scherz „Dr. Elefant“. In der Tat hatte Parvus’ Äußeres etwas von einem Elefanten.

Dieser sehr hochgewachsene, schwerfällige, beleibte Mann mit einem großen, früh kahl gewordenen Kopf auf einem dicken Hals hatte einen angeborenen Sinn für Humor und paßte sich mühelos jeder Gesellschaft an. Clara Zetkin, eine der führenden Figuren im linken SPD-Flügel, die Parvus gut kannte, schrieb, das sei ein Mensch von überschwappender Lebenslust gewesen, der Umgang mit ihm habe einen sehr starken Eindruck gemacht, weil er mit vollen Händen geistige Werte um sich geworfen und so die nüchterne Seele von Kautsky mit sich fortgerissen habe.[5]

Die Beschreibung von Helphands Äußerem, die wir beim estnischen Sozialisten Arthur Siefeldt finden, hinterläßt beim Leser einen wenig angenehmen Eindruck:

„Seine massive riesenhafte Gestalt [...] war aufgeschwemmt und fett. Unter seinem breiten, bulligen Gesicht mit hoher Stirn, kleiner Nase und gepflegtem Kinnbart zeigte sich ein schwammiges Doppelkinn, das seinen Hals fast völlig verschwinden ließ. Die kleinen, lebhaften Augen lagen tief. Seine kurzen Beine
trugen den Körper wie einen Mehlsack, er ruderte ständig mit den Armen, als müßte er so sein Gleichgewicht halten.“[6]

1898–1899 besuchte Parvus gemeinsam mit Carl Lehmann Rußland und veröffentlichte nach der Rückkehr nach Deutschland eine wissenschaftliche Abhandlung über die Ursachen der Hungersnot im Wolgagebiet. „Seitdem man Rußland kennt, weiß man, daß es ein an Naturschätzen reiches Land ist. Was aber an Rußland stets verwunderte, war, wie wenig es diese Schätze auszunützen versteht, wie arm es in seinem Reichtum ist“, schrieben Parvus und Lehmann.[7] Leider ist die These von Rußland als einem reichen Land mit einer armen Bevölkerung auch heute aktuell.

Der Publizist Parvus schrieb viel und kampflustig. Die jungen russischen Marxisten waren seine begeisterten Leser. Vladimir Ul’janov (Lenin) bat seine Mutter in einem Schreiben aus der sibirischen Verbannung, ihm Parvus’ gegen Eduard Bernstein gerichtete Artikel zu schicken, die in der Sächsischen Arbeiter-Zeitung veröffentlicht waren. Diese von Parvus redigierte Zeitung war „ein erster und dabei glänzender Versuch, eine revolutionäre marxistische Tageszeitung zu gestalten. In dieser Zeitung wurden erstmalig nach Marx und Engels die Weltereignisse wirklich marxistisch erläutert“, schrieb Karl Radek.[8]

In der Zeitschrift Načalo wurde in Ul’janovs Beitrag „Der Weltmarkt und die Landwirtschaftskrise“ das Buch „eines talentierten deutschen Publizisten, der unter dem Pseudonym Parvus schreibt“, positiv bewertet. Der Rezensent, der unter dem Pseudonym Vl. Il’in schrieb, empfahl allen Lesern „nachdrücklich“, sich mit diesem Buch bekannt zu machen.[9]

Aus der Freundschaft Parvus’ mit den russischen Marxisten ging die russische sozialdemokratische Zeitung Iskra hervor, die ab ihrer zweiten Ausgabe in Parvus’ Münchner Wohnung gedruckt wurde, in der er eine Druckerei eingerichtet hatte.[10] Diese Wohnung wurde zum Treffpunkt russischer Revolutionäre. Parvus und Lenin, besonders aber Parvus und Trockij kamen einander näher. Im Grunde formulierte kein anderer als Parvus die These von der „permanenten Revolution“, die Trockij später in sein Rüstzeug aufnahm.

 Trockij schrieb über Helphand:

„Parvus war zweifellos eine hervorragende marxistische Figur von Ende des vergangenen und in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts. Er beherrschte hervorragend Marxens Methode, hatte einen weiten Blick und verfolgte alles Wesentliche in der Weltarena, was ihn dank der hervorragenden Gedankenkühnheit und seinem mannhaften, muskulösen Stil zu einem wirklich ausgezeichneten Schriftsteller machte. Seine alten Arbeiten brachten mich den Fragen einer sozialen Revolution näher und verwandelten für mich die Eroberung der Macht durch das Proletariat, früher ein astronomisch weites ‚Endziel‘, endgültig in eine praktische Aufgabe unserer Zeit. Trotzdem war an Parvus immer etwas Ausgefallenes und Unzuverlässiges. Neben allem anderen war dieser Revolutionär von dem völlig überraschenden Traum besessen, reich zu werden. Und diesen Traum verband er in jenen Jahren ebenfalls mit seiner sozialrevolutionären Konzeption.“[11]

Als 1904 der Russisch-Japanische Krieg begann, veröffentlichte Parvus in Iskra eine Artikelfolge unter dem Titel „Krieg und Revolution“, worin er Rußlands Niederlage und die kommende Revolution voraussagte.[12] „Die Revolution in Rußland [...] wird die Völker erheben und die ganze kapitalistische Welt in ihren Grundlagen erschüttern“, schrieb Parvus in dieser Arbeit.[13]

1905, mit Beginn der ersten russischen Revolution, begab sich Parvus nach Rußland. Zusammen mit Trockij leitete er den Petersburger Sowjet der Arbeiterdeputierten und „versorgte diesen mit Geldmitteln“,[14] wie es in den Angaben des Polizeidepartements hieß. Nach der Niederlage der Revolution geriet Parvus in das Petersburger Gefängnis „Kresty“[15] und wurde zu drei Jahren Verbannung in Turuchansk verurteilt.[16] Doch bald war alles für eine Flucht vorbereitet: ein gefälschter Paß, Treffs, Geld. In Enisejsk machte Parvus die Begleitsoldaten betrunken und floh. Er tauchte zuerst in Italien, dann wieder in Deutschland auf und kehrte niemals mehr nach Rußland zurück. Eine seiner Hauptfragen lautete seitdem: „Wo ist ein Vaterland zu haben für billiges Geld?“[17]

Mit Parvus’ Namen war eine Reihe von lauten Skandalen verbunden: Er ließ zwei Frauen mit Söhnen ohne Existenzmittel sitzen[18] und verschwendete die Einnahmen des „Sturmvogels der Revolution“ Maksim Gor’kij, die dem Schriftsteller laut Urheberrechten zustanden, für seine Geliebte im Ausland. Als die Bolschewiki und Gor’kij die Rückerstattung des Geldes verlangten und Deutschland daranging, Rußland die geflüchteten russischen Revolutionäre auszuliefern, verschwand Parvus für einige Jahre aus dem Gesichtsfeld der deutschen und der russischen Behörden.

In seinem Essay Vladimir Il’ič Lenin schildert Maksim Gor’kij diese Geschichte wie folgt:

„Mit der deutschen Partei hatte ich eine ‚heikle‘ Angelegenheit zu regeln: Ihr namhaftes Mitglied, der später recht bekannte Parvus, hatte [...] die Vollmacht zur Honorarerhebung in den Theatern für das Stück Nachtasyl [...]. Innerhalb von vier Jahren ging das Stück über alle Bühnen Deutschlands, wurde in Berlin allein über 500mal vorgestellt, Parvus mußte wohl 100 000 Mark zusammengekriegt haben. Aber statt des Geldes schickte er mir [...] einen Brief, worin er gutmütig mitteilte, all dieses Geld habe er für eine Italienreise mit einem Fräulein verausgabt. Da diese wahrscheinlich sehr angenehme Reise mich persönlich nur zu einem Viertel betraf [Gor’kij stand ein Viertel des Honorars zu, das restliche Geld war für die Kasse der russischen Sozialdemokraten bestimmt – B. Ch.], hielt ich mich für berechtigt, das ZK der deutschen Partei auf die restlichen drei Viertel hinzuweisen [...] Das ZK nahm Parvus’ Reise gleichgültig auf. Später hörte ich, daß Parvus irgendwelche Parteiränge entzogen wurden, ehrlich gesagt hätte ich es vorgezogen, daß man ihm auf die Finger geklopft hätte. Noch später machte man mich in Paris auf ein recht schönes Fräulein oder eine Dame aufmerksam und teilte mit, Parvus habe seine Reise mit ihr unternommen. ‚Meine Teure‘, dachte ich unwillkürlich, ‚du meine Teuerste‘.”[19]

Mit dem Fall Parvus befaßte sich eine Sonderkommission der SPD, der August Bebel, Karl Kautsky und Clara Zetkin angehörten, an der auch russische Sozialdemokraten teilnahmen. Das „Parteigericht“, dessen Entscheid nicht veröffentlicht wurde, hat Parvus scharf gerügt.[20] Doch das verschwendete Geld erstattete Parvus nicht zurück;[21] er zog es vor, Deutschland zu verlassen und sich für eine Zeitlang unsichtbar zu machen.

1910 tauchte Dr. Helphand in der Türkei als prosperierender Geschäftsmann auf; er war der größte Lebensmittellieferant der türkischen Armee, Vertreter des Waffenverkäufers Basil Zaharoff und des Krupp-Konzerns.

Parvus’ Sternstunde kam mit Beginn der Ersten Weltkrieges. Er setzte sich für den Sieg Deutschlands ein, weil das zuerst zur Revolution in Rußland und dann auch zur Weltrevolution hätte führen sollen. Parvus behauptete, der Sieg Deutschlands über Rußland liege im Interesse des europäischen Sozialismus, weshalb die Sozialisten mit der deutschen Regierung ein Bündnis schließen sollten, um das Zarenregime zu stürzen, darunter auch auf revolutionärem Wege. „Der Triumph des Sozialismus kann nur durch den Sieg Deutschlands über Rußland erreicht werden, weil nur Deutschland Träger einer hohen Kultur ist.“[22]

Die prodeutschen imperialistischen Ansichten von Parvus wurden scharf von seinen ehemaligen Mitstreitern aus den Reihen der deutschen und der russischen Sozialdemokratie (Rosa Luxemburg, Julian Marchlewski, Lev Trockij) kritisiert. In der Pariser Zeitung Naše slovo zollte Trockij „dem Menschen, dem er im Sinne der ideologischen Entwicklung mehr als sonst jemandem aus der älteren Generation der europäischen Sozialdemokratie zu verdanken hatte“, Tribut und erklärte Parvus’ Verhalten mit der allgemeinen Katastrophe der II. Internationale. Seinen Artikel schloß Trockij wie folgt: „Einen Parvus gibt es nicht. Durch den Balkan wandert ein politischer Falstaff, der seinen Doppelgänger verleumdet.“[23]

1915 fielen die Ziele des Wilhelminischen Deutschland, das für den Sieg an der Ostfront und den Austritt Rußlands aus dem Krieg kämpfte, mit denen von Parvus, der in Rußland den revolutionären Brand zu entfachen suchte, zusammen. Im Zuge seiner politischen und kaufmännischen Tätigkeiten lernte Parvus Dr. Max Zimmer kennen. Dieser war Bevollmächtigter der deutschen und der österreichischen Botschaft für Angelegenheiten der rußlandfeindlichen nationalistischen Bewegungen, die von Deutschland und Österreich-Ungarn finanziert wurden. Anfang Januar 1915 bat Parvus Dr. Zimmer, ihm eine Begegnung mit dem deutschen Botschafter in der Türkei von Wangenheim zu vermitteln. Bei der Zusammenkunft am 7. Januar 1915 erklärte der Sozialist und Kaufmann dem deutschen Botschafter:

„Die russische Demokratie könne nur durch vollkommene Zertrümmerung des Zarismus und die Zerteilung Rußlands in kleinere Staaten ihre Ziele erreichen. Andererseits werde Deutschland nicht einen vollen Erfolg haben, wenn es nicht gelinge, eine große Revolution in Rußland zu entfachen ... Die Interessen der deutschen Regierung seien daher mit denen der russischen Revolutionäre identisch.“[24]

Am nächsten Tag, dem 8. Januar 1915, richtete von Wangenheim ein Telegramm an das deutsche Auswärtige Amt in Berlin mit ausführlichen Informationen über das Gespräch mit Parvus, äußerte seine positive Einstellung zu seinen Ideen und übermittelte seine Bitte, im Auswärtigen Amt persönlich den ausgearbeiteten Plan vorzustellen, wie Rußland durch Revolution zum Austritt aus dem Krieg zu veranlassen war.[25]

Am 10. Januar 1915 telegraphierte Staatssekretär Gottlieb von Jagow: „Bitte Dr. Helphand in Berlin zu empfangen. Jagow.“[26] Am 13. Januar 1915 depeschierte er noch ergänzend aus dem Großen Hauptquartier an das Auswärtige Amt: „Geheim! Wir wollen Riezler zur Versammlung mit russischem Revolutionär Parvus mit näheren Instruktionen nach Berlin schicken. Bitte Eintreffen des letzten hierher drahten. Parvus darf nicht wissen, daß Riezler aus Großem Hauptquartier kommt. Jagow.“[27]

Ende Februar 1915 empfing von Jagow Parvus im Auswärtigen Amt Deutschlands, am Gespräch beteiligten sich der Vertreter des Kriegsministeriums Dr. Riezler (Vertrauensmann des Reichskanzlers) und der inzwischen aus der Türkei eingetroffene Dr. Zimmer. Das Gespräch wurde nicht protokolliert, aber aufgrund seiner Ergebnisse reichte Parvus am 9. März 1915 im Auswärtigen Amt ein 23 Seiten starkes Memorandum ein, das    einen ausführlichen Plan des Sturzes der Selbstherrschaft in Rußland und seiner Aufspaltung in mehrere Staaten darstellte.

Parvus’ Plan enthielt, schreiben Helphands Biographen Z. Zeman und W. Scharlau, drei wichtigste Punkte:

„1. Unterstützung der in ihrem Volkstum unterdrückten Völkerschaften und der nach Autonomie und Sezession drängenden Randstaaten Rußlands. 2. Ermunterung und materielle Hilfe für alle Gruppen und Parteien, die die soziale Revolution anstreben und den Zarismus beseitigen wollen. 3. Propagandistische Infiltration Rußlands und internationale Pressearbeit gegen den Zarismus als den Hort der Reaktion.“[28]

Hier ein Auszug aus dem zweiten Teil von Parvus’ Plan, den er Ende Dezember 1914 auf den Blättern eines Notizbuches im Berliner Hotel Kronprinzenhof aufschrieb:

„Sibirien. Es ist Sibirien noch besondere Bedeutung beizulegen, weil die großen Geschütz- und sonstigen Waffenlieferungen der Vereinigten Staaten an Rußland den Weg über Sibirien nehmen dürften. Die sibirische Aktion muß deshalb getrennt von den anderen behandelt werden. Es müßten einige energische und umsichtige Leute, ausgerüstet mit ausreichenden Mitteln, in Spezialmissionen nach Sibirien geschickt werden, die Eisenbrücken zu sprengen. Hilfskräfte werden sich genug unter den Verbannten finden. Sprengstoffe müßten von den Ural-Bergwerken verschafft werden, kleinere Mengen könnten wohl über Finnland hinüber geschmuggelt werden. Die technischen Anweisungen würden hier auszuarbeiten sein.

    Pressekampagne. Die Voraussage über Rumänien und Bulgarien ist durch die nach der Abfassung der Denkschrift eingetretene Entwicklung bestätigt worden. Die bulgarische Presse ist jetzt vollkommen auf deutscher Seite, in der rumänischen macht sich ein Umschwung bemerkbar. Die von uns getroffenen Vorkehrungen werden nächstens noch größere Ergebnisse zeitigen. Es gilt jetzt besonders, in die Arbeit zu nehmen:

    1. Finanzielle Unterstützung der sozialdemokratischen [russischen] Majoritätsfraktion, die den Kampf gegen die zarische Regierung mit allen Mitteln fortführt. Die Führer sind in der Schweiz aufzusuchen.

    2. Schaffung direkter Verbindungen mit den revolutionären Organisationen in Odessa und in Nikolajeff über Bukarest und Jassy.

    3. Schaffung einer Verbindung mit den Organisationen der russischen Seeleute. Durch einen Herrn in Sofia sind bereits Verbindungen angeknüpft worden, weitere Anknüpfungen führen über Amsterdam.

    4. Unterstützung der Tätigkeit der jüdischen sozialistischen Organisation ‚Der Bund‘ – nicht Zionisten.

    5. Aufsuchen maßgebender Persönlichkeiten der russischen Sozialdemokratie und der russischen Sozialisten-Revolutionäre in der Schweiz, in Italien, in Kopenhagen und Stockholm und Förderung ihrer Bestrebungen, soweit sie zu einem energischen und unmittelbaren Vorgehen gegen den Zarismus entschlossen sind.

    6. Unterstützung der russischen revolutionären Literaten, soweit sie für die Fortführung des Kampfes gegen den Zarismus auch während des Krieges eintreten.

    7. Verbindung mit der finnischen Sozialdemokratie.

    8. Organisation von Kongressen der russischen Revolutionäre.

    9. Beeinflussung der öffentlichen Meinung der neutralen Staaten, im besonderen der sozialistischen Presse und der sozialistischen Organisationen im Sinne des Kampfes gegen den Zarismus und des Anschlusses an die Zentralmächte. In Bulgarien und Rumänien ist es bereits mit Erfolg geschehen. Es muß fortgeführt werden in Holland, Dänemark, Schweden und Norwegen und der Schweiz und Italien.

    10. Ausrüstung einer Expedition nach Sibirien mit dem speziellen Zweck, die wichtigsten Eisenbahnbrücken zu sprengen und so die russischen Waffentransporte aus Amerika zu verhindern. Nebenbei müßte die Expedition mit reichlichen Geldmitteln ausgerüstet sein, um einer Anzahl politischer Deportierter die Möglichkeit zu verschaffen, ins Landesinnere zu entweichen.

    11. Technische Vorbereitung zu einem Aufstand in Rußland:

    a) Beschaffung genauer Karten russischer Eisenbahnen und Bezeichnung der wichtigsten Brücken, deren Zerstörung notwendig ist, um den Verkehr lahmzulegen; desgleichen Angabe der Zentralgebäude, Depots, Werkstätten, denen die meiste Aufmerksamkeit zugewendet werden sollte;

    b) Genauso Angabe der Menge von Sprengstoffen, die zur Erreichung des Zieles in jedem einzelnen Fall notwendig ist. Es ist dabei die Knappheit des Materials zu berücksichtigen und die schwierigen Verhältnisse, unter denen die Aktion vollzogen werden wird;

    c) Klare und populäre Anweisung über die Handhabung der Sprengstoffe bei Brückensprengungen, Sprengung von großen Gebäuden;

    d) Einfache Rezepte zur Zubereitung von Sprengstoffen;

    e) Bearbeitung eines Planes des Widerstandes der aufständischen Bevölkerung in Petersburg gegen die bewaffnete Macht unter besonderer Berücksichtigung der Arbeiterviertel. Schutz der Häuser und Straßen. Schutz gegen Kavallerie und gegen eindringende Infanterie.

    Der jüdische sozialistische ‚Bund‘ in Rußland ist eine revolutionäre Organisation, die sich auf die Arbeitermassen stützt und schon 1904 Bedeutendes leistete. Er befindet sich im Gegensatz zu den ‚Zionisten‘. Von den letzten ist nichts zu erwarten:

    1) weil ihr Parteizusammenhang sehr lose ist;

    2) weil eine starke russisch-patriotische Strömung während des Krieges in ihren Reihen sich geltend machte;

    3) weil die Zentralleitung nach den Balkankriegen um die Gunst der englischen und russischen Diplomatie sich intensiv bewarb, was freilich nicht behinderte, auch bei der Reichsregierung zu antichambrieren;

    4) Weil sie überhaupt keiner politischen Aktion fähig ist.“[29]

Parvus stellte eine Liste der unaufschiebbaren finanziell-technischen Maßnahmen auf. Darunter sind: Versorgung mit Sprengstoffen, mit Karten unter Hinweis auf die zu sprengenden Brücken, Vorbereitung von Boten, Kontakte mit der bolschewistischen Fraktion, die sich in der Schweiz im Exil befand, Finanzierung linksradikaler Zeitungen. Parvus bat die deutsche Regierung (seit Mitte März 1915 war er der Hauptberater der Regierung in Fragen der russischen Revolution), seinen Plan zu finanzieren.

Am 7. März 1915 telegraphierte von Jagow an Deutschlands Reichsschatzamt: „Zur Unterstützung der revolutionären Propaganda in Rußland werden hier zwei Millionen Mark benötigt ...“[30] Postwendend, zwei Tage später, kam eine positive Antwort. Das war ein Vorschuß. Von den zwei Millionen bekam Parvus sofort eine Million und überwies sie auf seine Konten in Kopenhagen. Dort hatte er ein kommerzielles Imperium aufgebaut, das sich mit Handelsoperationen befaßte. Darunter mit gesetzwidrigem Verkauf von Kohle, Metallen und Waffen an Deutschland, Rußland, Dänemark und andere Länder. Seine Einkünfte waren enorm, er beließ sie in Rußland oder überwies sie auf Konten in anderen Ländern. Einen Großteil der Geldmittel investierte Parvus in die Schaffung von Massenmedien in der ganzen Welt. Sie hätten die Welt und die Bevölkerung Rußlands gegen das Zarenregime aufwiegeln sollen.

Für die wichtigste Aufgabe des Weltproletariats hielt Parvus die Revolution in Rußland und die Vernichtung des Zarismus mit Hilfe der deutschen Bajonette: „Der Zarismus bedrohe die Demokratie in Europa [...]. Deutschland trage die Hauptlast im Kampf gegen den moskowitischen Absolutismus. Die Sache Deutschlands sei die Sache des internationalen Sozialismus.“[31] Somit wäre der Sieg des Kaiserreiches im Weltkrieg Folge der mit seiner Hilfe organisierten Revolution in Rußland und des Sieges des Sozialismus gewesen. Parvus meinte:

„Die Zeit arbeitet für Rußland, das in naher Zukunft eine große Weltmacht sein wird – eine Weltgefahr dazu, wenn es nicht dezentralisiert und demokratisiert wird. Die sicherste Lösung ist daher die Umbildung des Zarenreiches in eine Föderation nach amerikanischem Muster. Wenn es aber nicht gelingt, Rußland zu dezentralisieren, wird es schon in den nächsten Jahren den schlimmsten Militarismus hervorbringen, den die Welt je gesehen hat“.[32]

Der deutsche Sozialist Konrad Haenisch legte die Ansichten von Parvus wie folgt dar:

„Die deutschen Heere und die russischen Arbeiter mußten im gemeinsamen Schlagen den alten Erbfeind der russischen und der europäischen Freiheit [das Zarenreich – B. Ch.] zu Boden ringen [...] Und so wurde Parvus nicht müde, diesen neuen Zweibund, den Zweibund preußischer Bajonette und russischer Proletarierfäuste, der Welt als die Rettung zu verkünden. Russische Revolution durch deutschen Sieg: Wer die erste wollte, mußte auch den zweiten wollen – mochte er das alte Preußen-Deutschland noch so tief hassen! Der Krieg mußte – das allein konnte sein historischer Sinn sein, [...] – die Befreiung Europas vom russischen Alpdruck bringen. [...] So sah Parvus den Krieg – nur so konnte er ihn sehen.“[33]

Parvus sprach von 5–10 Millionen Reichsmark für die russische Revolution. Im Endergebnis handelte es sich um einen weit höheren Betrag. Neben Helphand, der zum wichtigsten Verbindungsglied zwischen den Bolschewiki und der deutschen Reichsregierung wurde, hatten die Bolschewiki im Sommer 1917 auch andere Verbindungskanäle mit Berlin. Eduard Bernstein, deutscher Sozialdemokrat und scharfer Kritiker Lenins, schätzte die „deutsche Hilfe“ insgesamt auf rund 50–60 Millionen Goldmark. Auch der britische Historiker Ronald Clark schreibt von 50 Millionen Mark, die die Bolschewiki von Deutschland erhalten hätten.[34]

Auf diese Weise „fanden die Behörden Deutschlands [...] bereits 1915 Mittel und Wege für die Übergabe von Finanzmitteln an die Bolschewiki und Internationalisten“.[35]

Parvus’ persönliche Geldmittel dienten als Deckung für das „deutsche Geld“, welcher Umstand bis heute die Forscher der finanziellen Mechanismen der russischen Revolution irreführt. Wie hoch die Beiträge der Sponsoren der Revolution auch waren, sie rechneten damit, aus ihrem Geld nicht nur politisches Kapital zu schlagen, sondern auch ihre Unkosten mit Gewinn hereinzubringen. Die russischen Revolutionen, Bürgerkriege, Umgestaltungen, Perestrojkas und Reformen des 20. Jahrhunderts gingen immer mit der Flucht riesiger Reichtümer in den Westen einher.

Ein besonders heikles Thema sind die Beziehungen zwischen Parvus und Lenin. „Lenin muß in Rußland sein, damit Rußland fällt“, schrieb Parvus. Darin ist das ganze Wesen der Einstellung Parvus’ zum Führer der Bolschewiki ausgedrückt. Beide waren bereits vor der Revolution von 1905 miteinander bekannt: Sie gründeten die Zeitung Iskra gemeinsam. Nachdem Parvus von den deutschen Machthabern den Vorschuß von 2 Millionen Mark erhalten hatte, war es seine vorrangige Absicht, in die Schweiz zu Lenin zu reisen, um ihn in seinen Plan einzubauen.

Wie wir schon erwähnten, lautete Punkt 1 des im Dezember 1914 verfaßten Aktionsprogramms von Parvus wie folgt: „Finanzielle Unterstützung der sozialdemokratischen russischen Majoritätsfraktion [der bolschewistischen Partei – B. Ch.], die den Kampf gegen die zarische Regierung mit allen Mitteln fortführt. Die Führer sind in der Schweiz aufzusuchen.“[36]

Mitte Mai 1915 traf Parvus in Zürich ein, um mit Lenin zu sprechen. Aleksandr Solženicyn hat mehr oder weniger genau die Umstände beschrieben, unter denen Parvus Lenin die eigene Gesellschaft aufdrängte, aber über den Inhalt ihres Gesprächs konnte Solženicyn nichts wissen.[37] Lenin zog es natürlich vor, diese Episode nicht zu erwähnen. Parvus seinerseits war einsilbig; wie er schrieb, habe er Lenin die eigenen Ansichten über die sozialrevolutionären Kriegsfolgen dargelegt und seine Aufmerksamkeit auf den Umstand gelenkt, daß es in Deutschland, solange der Krieg andauere, zu keiner Revolution kommen könne; daß jetzt die Revolution nur in Rußland möglich sei, wo sie als Folge der deutschen militärischen Erfolge ausbrechen könne. Sein Gesprächspartner aber habe von der Herausgabe einer sozialistischen Zeitschrift geträumt, mit deren Hilfe er, wie er geglaubt habe, das europäische Proletariat sofort aus den Schützengräben in die Revolution hineinstürzen könnte.[38] Lenin wich einem direkten Kontakt mit Parvus aus, hielt jedoch den Verbindungskanal zu ihm ständig offen.

1915 war Lenin immer noch auf die Idee der Weltrevolution fixiert. Parvus aber bot kolossales Geld für die Organisation einer Revolution in Rußland an.[39] Wessen Geld das war, hatte für Lenin keine Bedeutung. Zwar sagte er Parvus nicht offiziell: „Ja, ich werde mit Ihnen zusammenarbeiten“, aber eine stille Vereinbarung, unter Wahrung der Konspirationsregeln, über Vermittler zu handeln, wurde erreicht.

Kann Parvus’ Angebot an Lenin als Werbung betrachtet werden? In engerem Sinne, im „Spionage“-Slang, wahrscheinlich nicht. Aber in militärisch-politischer Hinsicht fielen die rußlandfeindlichen Ziele des wilhelminischen Deutschland, des „revolutionären Geschäftsmannes“ Parvus und des „revolutionären Träumers“ Lenin in dieser Etappe zusammen. Für Lenin als Revolutionär und Internationalist war es durchaus zulässig, mit dem Deutschen Reich gegen das Russische Reich, dessen unversöhnlicher Feind er war, zusammenzuarbeiten. Einfacher ausgedrückt: Es war den Bolschewiki egal, mit wessen Geld sie die Revolution machen konnten.

Zugleich kritisierte Lenin in seinen Arbeiten aus der Zeit des Ersten Weltkrieges Parvus immer härter. In dem Beitrag „U poslednej čerty“ [An der letzten Schwelle] schrieb Lenin:

„Parvus, der sich schon während der russischen Revolution als Abenteurer gezeigt hat, ist jetzt in dem von ihm herausgegebenen Heftchen ‚Die Glocke‘ bis ... zur untersten Schwelle herabgesunken. Er verteidigt die deutschen Opportunisten mit einer unglaublich frechen und selbstzufriedenen Miene. Er hat alles, was er verehrte, verbrannt; er hat den Kampf zwischen der revolutionären und der opportunistischen Strömung und ihre Geschichte in der internationalen Sozialdemokratie ‚vergessen‘. Mit der Unverfrorenheit eines Feuilletonisten, welcher der Billigung seitens des Bourgeoisie sicher ist, klopft er Marx auf die Schulter und ‚korrigiert‘ ihn ohne auch nur einen Schatten von gewissenhafter und aufmerksamer Kritik. Und für irgendeinen Engels erst hat er nur Verachtung übrig. Er verteidigt die Pazifisten und Internationalisten in England, die Nationalisten und Hurrapatrioten in Deutschland. Die englischen Sozialpatrioten schimpft er Chauvinisten und Schleppenträger der Bourgeoisie, während er die deutschen Sozialpatrioten als revolutionäre Sozialdemokraten lobpreist ... Er leckt Hindenburg die Stiefel und redet den Lesern ein, daß ‚sich der deutsche Generalstab für die Revolution in Rußland‘ eingesetzt habe.“[40]

Die Publikationen von Parvus’ Zeitschrift Die Glocke nannte Lenin eine „Kloake des deutschen Chauvinismus“ und die Zeitschrift selbst „ein Organ des Renegatentums und Lakaientums in Deutschland“:[41] Lenins bolschewistischer Defätismus unterschied sich von Parvus’ germanophilem Sozialpatriotismus.

„Die von Parvus nur indirekt ausgesprochene Intention, mit Hilfe des kaiserlichen Deutschlands den Sozialismus zur führenden Kraft in Europa zu machen, zeugt dafür, daß seine Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit der Berliner Regierung nicht in einem Patriotismus oder, wie Lenin sagen würde, Chauvinismus begründet war. Helphands Subversionsplan war die berechnete und raffinierte Risikopolitik eines zu allem entschlossenen Revolutionärs. Parvus wollte die Situation nutzen; er wollte den Kapitalismus dazu verleiten, sich selbst das Grab zu schaufeln“,

schreiben W. Scharlau und Z. Zeman.[42] Helphand war um des endgültigen Sturzes des Zarismus willen zu allem bereit und setzte sich für Deutschlands Sieg ein, weil das zuerst zur Revolution in Rußland und dann auch in der ganzen Welt hätte führen sollen.

Die deutschen Behörden, die von der Weltrevolution und dem Bolschewismus keine Ahnung hatten, öffneten jedoch durch die Versorgung Parvus’ mit dem Geld die Büchse der Pandora. Walter Nicolai, Chef der deutschen Militäraufklärung, schrieb: Ebenso wie jeder andere habe er selbst zu jener Zeit nichts vom Bolschewismus gewußt, und über Lenin sei ihm nur bekannt gewesen, daß in der Schweiz als politischer Emigrant ein Ul’janov lebe, der seinem Dienst wertvolle Nachrichten über die Lage im zaristischen Rußland, gegen welches er gekämpft habe, geliefert habe.[43] Die Militäraufklärung des Kaisers sicherte zusammen mit dem deutschen Auswärtigen Amt die Erfüllung von Parvus’ Plan in jenem Teil, in welchem er dem Ziel Deutschlands entsprach, Rußland aus dem Kreis der kriegführenden Länder auszuschließen.

Doch wäre Parvus nicht ein Finanzgenie und ein politischer Abenteurer von internationalem Format gewesen, hätte er nicht sein eigenes Spiel gespielt: Die Revolution in Rußland war nur der erste Teil seines Plans. Ihr hätte die Weltrevolution folgen sollen, ebenfalls mit deutschem Geld finanziert.[44] Hierbei hätten sich die „finanziellen Ströme“ der Weltrevolution in seinen Händen konzentriert.

Parvus ging daran, eine eigene Organisation zu gründen, um die Ereig­nisse in Rußland zu beeinflussen. Das Hauptquartier der Organisation brachte er in Kopenhagen und Stockholm unter: Über beide Städte spielten sich die illegalen Verbindungen der russischen Emigration mit Rußland sowie die Deutschlands mit dem Westen und mit Rußland ab. Vor allem gründete Parvus in Kopenhagen ein Institut für wissenschaftliche und statistische Analyse (Institut zum Studium der Kriegsfolgen) als legale Deckorganisation für die konspirative Tätigkeit und Informationssammlung. Er ließ aus der Schweiz fünf russische sozialistische Emigranten, denen er einen reibungslosen Transit durch Deutschland sicherte, nach Kopenhagen kommen – und antizipierte damit die berühmte Geschichte mit dem „plombierten Wagen“. Es fehlte nicht viel, und Parvus hätte Nikolaj Bucharin zur Mitarbeit an seinem Institut gewonnen; dieser lehnte nur unter Lenins Druck ab. Dafür überließ Lenin Parvus seinen Freund und Mitarbeiter Jakob Fürstenberg-Hanecki, ehemaliges Mitglied des ZK der vereinigten SDAPR, als Verbindungsmann.

Parvus verknüpfte seine politisch-analytische und Aufklärungsarbeit mit der kommerziellen Tätigkeit. Er gründete eine Export-Import-Gesellschaft, die sich auf geheimen Handel zwischen Deutschland und Rußland spezialisierte und aus ihren Einnahmen die revolutionären Organisationen in Rußland finanzierte. Für seine Gesellschaft erhielt Parvus von den deutschen Behörden spezielle Import- und Exportlizenzen. Die Firma von Parvus befaßte sich neben Geschäftsoperationen auch mit Politik und hatte ein eigenes Agentennetz. Die Agenten, die fortwährend zwischen Skandinavien und Rußland pendelten, unterhielten Verbindungen mit diversen Unter­grundorganisationen und Streikkomitees und koordinierten ihre Handlungen. Bald gehörten auch die Niederlande, Großbritannien und die USA zu Parvus’ Tätigkeitsfeld, aber seine wichtigsten kommerziellen Interessen konzentrierten sich auf den Handel mit Rußland. Parvus kaufte in Rußland Waren, die die deutsche Kriegswirtschaft dringend brauchte (Kupfer, Kautschuk, Zinn und Getreide), und lieferte dorthin Chemikalien und Ausrüstungen für den Maschinenpark. Die einen Waren wurden legal über die Grenze transportiert, andere eingeschmuggelt.

Dr. Zimmer verschaffte sich Einblick in Parvus’ Strukturen, sie machten auf ihn einen günstigsten Eindruck. Über seine positive Meinung berichtete er dem Botschafter Deutschlands in Kopenhagen Graf Brockdorff-Rantzau, und dieser öffnete Parvus die Türen der deutschen Botschaft. Die erste Begegnung zwischen Graf Brockdorff-Rantzau und Parvus fand im August 1915 statt. „Ich habe Dr. Helphand jetzt näher kennengelernt und halte ihn ohne Frage für einen ungewöhnlich bedeutenden Mann, dessen hervorragende Kraft wir – ob man mit seinen Überzeugungen innerlich harmoniert oder nicht – meines Erachtens für die Dauer des Krieges unbedingt und, wenn irgend möglich, auch später für uns nutzbar machen sollten“, schrieb Graf Brockdorff-Rantzau.[45] Er teilte Parvus’ Ideen bezüglich Rußlands vollauf und vertrat ständig seine Angelegenheiten vor dem deutschen Auswärtigen Amt.

Parvus und seine Strukturen bereiteten energisch den „Tag X“ in Rußland vor: Das hätte der abermalige Jahrestag des „blutigen Sonntags“ – der 22. Januar 1916 – werden sollen. Für diesen Tag wurde ein politischer Generalstreik angesetzt, der das Zarenregime wenn nicht zu Grabe tragen, so doch wenigstens hätte ins Schwanken bringen sollen. Streiks fanden im Lande auch wirklich statt, waren aber nicht so zahlreich, wie Parvus gehofft hatte. Eine Revolution kam also nicht zustande. Die deutsche Führung betrachtete das als Parvus’ Niederlage. Ein Jahr lang vermied es Berlin, sich in den prekären Fragen der Organisation der subversiven Tätigkeit in Rußland an Parvus zu wenden. Das Interesse der politischen und militärischen Führung des deutschen Reiches an Parvus schien erloschen.

Parvus versuchte, die Aufmerksamkeit der deutschen Behörden erneut auf sich zu lenken. Am 11. Februar 1916 wandte er sich an das Auswärtige Amt mit der Bitte, ihm die deutsche Staatsangehörigkeit zu verleihen:

„Wenn ich jetzt mein Gesuch um die Gewährung des deutschen Bürgerrechts erneuere, tue ich das sowohl aus persönlichen Gründen, weil ich ein Verlangen danach habe, daß das geistige Band, das mich mit dem deutschen Volk verbindet, auch formell anerkannt werde, wie auch besonders aus politischen Gründen. Es ist wichtig, daß in dem großen Völkerringen, das der Krieg entfesselt hat, jeder Mann mit seiner vollen Kraft zur Geltung kommt. In meinem Falle ist das nur möglich, wenn ich als vollberechtigter deutscher Staatsbürger mich werde bestätigen können.“[46]

Auf das Sinken des Einflusses von Helphand in Rußland 1916 wies auch die zaristische Geheimpolizei hin. Am 29. Juli 1916 berichtete der Chef der Petrograder Abteilung der Geheimpolizei Oberst Globačev, daß „der Träger der deutschen Idee“ Parvus „unter den russischen Sozialdemokraten seine Anziehungskraft verloren hat“. Globačev charakterisierte Parvus als einen Menschen, „dem die Moral und Anständigkeit seiner Handlungen nicht allzu viele Sorgen machten“; man könne ihn, meinte Globačev, nicht einen „Provokateur“ nennen: Er sei, weil gleichzeitig ein Verbündeter von Wilhelm und ein führender Vertreter der deutschen und der russischen Sozialdemokraten, noch schlimmer. In Rußland habe Parvus keine Erfolgschancen: „Das sind lediglich Träume, denen es nicht beschieden ist, einmal Wirklichkeit zu werden, denn für die Schaffung einer dermaßen grandiosen Bewegung [d. h. der Revolution – B. Ch.] ist neben Geld auch noch eine Autorität notwendig, die Parvus heute nicht mehr besitzt“.[47]

Doch der Chef der Petrograder Geheimpolizei irrte sich: Die Februar­revolution von 1917 spitzte die Situation in Rußland stark zu und bot Parvus eine neue Erfolgschance. Er sah in der Februarrevolution eine Fortsetzung der Ereignisse von 1905: Sowohl 1905 als auch 1917 waren es die militärischen Niederlagen, die in Rußland zur Revolution führten.

Parvus rief auf: „Euer Sieg ist unser Sieg! Dem demokratischen Rußland muß das demokratische Deutschland die Hand zum Frieden und zum einträchtigen Zusammenwirken auf dem Gebiet des sozialen und kulturellen Fortschritts reichen ...“[48]

Nach der Februarrevolution brauchte Deutschland Dr. Helphand wieder. In einem Gespräch mit Graf Brockdorff-Rantzau vom 1. April 1917 äußerte Parvus seine Überzeugung, daß nach der Februarrevolution zwei Varianten der Beziehungen zwischen Deutschland und Rußland möglich seien. Die erste: Die deutsche Regierung entschließe sich zu einer groß angelegten Okkupation Rußlands, zur Zerstörung seines imperialen Staatssystems und zur Aufteilung Rußlands in mehrere von Deutschland abhängige Staaten. Die zweite: Deutschland schließe rasch Frieden mit der Provisorischen Regierung Rußlands. Für Parvus selbst waren beide Varianten gleich unannehmbar: Die erste war mit dem Risiko verbunden, daß der Patriotismus des russischen Volkes und dementsprechend die Kampfmoral der russischen Armee einen Aufschwung erleben würden; die zweite damit, daß sich die Erfüllung von Parvus’ revolutionärem Programm verlangsamen würde.[49]

Übrigens gab es auch noch eine dritte Variante: Lenin. Die deutsche Seite transportiert unter Parvus’ Vermittlung den Führer der Bolschewiki nach Rußland, wo Lenin sofort eine regierungsfeindliche Tätigkeit entfaltet, die Provisorische Regierung zur Unterzeichnung eines Friedensvertrages bewegt oder mit der ihm über Parvus erwiesenen deutschen Hilfe selbst an die Macht kommt und mit Deutschland einen Separatfrieden unterzeichnet.

In der Angelegenheit der Beförderung Lenins nach Rußland hatte sich Parvus der Unterstützung des Kaiserlichen Generalstabs versichert und vertraute Fürstenberg-Hanecki den Auftrag an, Lenin mitzuteilen, daß für ihn in Deutschland ein Eisenbahnkorridor eingerichtet sei, ohne zu präzisieren, daß der Vorschlag von Parvus ausging.[50]

Lenin, der sich in der Schweiz befand, war von Rußland abgeschnitten und suchte verzweifelt nach einem Ausweg aus der entstandenen Lage. Den Erinnerungen seiner Frau Nadežda Krupskaja zufolge erklärte Lenin, er sei selbst zu einem Geschäft mit dem Satan bereit, nur um in Petrograd zu sein.[51] Zu diesem Satan wurde eben Parvus.

Die SPD-Führung hielt die Beförderung der russischen Emigranten für eine „private Vereinbarung Helphands“, der sie nicht in Kenntnis gesetzt habe, um im Falle des Scheiterns des Plans die Partei jeder Verantwortung zu entziehen.[52] Der Ex-Regierungschef der Weimarer Republik und SPD-Führer Philipp Scheidemann, dessen „vertrauter Berater“ während des Kriegs Parvus gewesen war, schrieb später: Die Reise Lenins und seiner Freunde durch Deutschland nach Rußland sei von Dr. Helphand-Parvus organisiert worden, der nur einige wenige Personen darüber informiert habe. Den deutschen Sozialdemokraten habe er kein Wort davon gesagt.[53]

Am 9. April 1917 reisten die russischen Emigranten ab. Zusammen mit Lenin verließen mehrere Dutzend russische Revolutionäre Zürich. Parvus benachrichtigte das deutsche Auswärtige Amt sofort, er werde die Russen in Schweden treffen. Sein Hauptziel war ein Kontakt mit Lenin. Für diesen Kontakt sorgte Fürstenberg-Hanecki, der auf Lenin und seine Gefährten in Malmö wartete und sie bis nach Stockholm begleitete. Lenin aber wich einem persönlichen Treffen mit Parvus aus: Nichts hätte den Führer der Bolschewiki mehr kompromittieren können als eine Demonstration der Verbindung mit Parvus.

Seitens der Bolschewiki übernahm Radek die Rolle des wichtigsten Unterhändlers mit Parvus: Am 13. April 1917 unterhielten sich Parvus und Radek völlig geheim einen ganzen Tag lang. Offenbar bot Parvus den Bolschewiki gerade damals ohne Umschweife seine Unterstützung im Kampf um die Macht in Rußland an, und sie nahmen – in Person Radeks – diese Unterstützung an. Die russischen Emigranten reisten nach Finnland weiter, Parvus aber begab sich in die deutsche Botschaft. Dann wurde er ins deutsche Auswärtige Amt bestellt, wo ein geheimes, nicht protokolliertes Gespräch mit Staatssekretär Zimmermann stattfand.

Bereits am 3. April 1917 stellte das Reichsschatzamt auf Verfügung des Auswärtigen Amtes hin Parvus fünf Millionen Mark für politische Ziele in Rußland bereit; offenbar hatte Zimmermann mit Parvus die Nutzung dieser riesigen Geldmittel besprochen.[54] Von Berlin aus reiste Parvus erneut nach Stockholm, wo er mit den Mitgliedern des Auslandsbüros des ZK der bolschewistischen Partei Radek, Vorovskij und Fürstenberg-Hanecki ständige Kontakte unterhielt. Über sie wurden die deutschen Geldbeträge nach Rußland, in die bolschewistische Kasse hinübergepumpt. In seinen Briefen an Fürstenberg-Hanecki erwähnte Lenin fortwährend dieses Geld.

Es geschah jedoch etwas Unvorhergesehenes: Der von den Bolschewiki im Juli 1917 in Petrograd unternommene Versuch, die Macht zu ergreifen, scheiterte, worauf die Provisorische Regierung beschloß, mit Lenin und seiner Partei ein für allemal Schluß zu machen.

Es wurden Dokumente publikgemacht, aus denen folgte, daß Lenin und die Bolschewiki über Vermittler, deren Hauptfigur Parvus sei, Geld von der deutschen Regierung erhalten würden. Unter den veröffentlichten Materialien war ein Telegramm von Journalisten einiger russischer Zeitungen in Kopenhagen an das Außenministerium Rußlands. Die Journalisten hatten die Dokumente kopiert, die Parvus und Hanecki als deutsche Agenten entlarvten und deren Verbindung mit Lenin veranschaulichten.[55]

Der Journalist Vladimir Burcev, „Jäger auf Provokateure“, beschuldigte die Bolschewiki des Verrats, der bereits 1914 unter aktiver Teilnahme von Parvus begangen worden sei. „Parvus ist nicht ein agent provocateur“, schrieb Burcev in der Zeitung Reč’, „er ist ein Agent Wilhelms II.“[56]

Davon, daß Burcev Recht hatte, zeugte unter anderem ein Rundschreiben der deutschen Reichsbank vom 2. November 1914. Gemäß diesem Dokument wurde den Revolutionären Zinov’ev und Lunačarskij ein Kredit für die Agitation und Propaganda gewährt, und zwar „unter der obligatorischen Bedingung, daß sich die Agitation und Propaganda in Rußland [...] auf die an der Front eingesetzten Armeen erstrecken“. Als Vermittler zwischen den russischen Revolutionären und der Reichsbank wirkte Parvus.[57]

Die Zeitung Russkoe slovo schrieb:

„Vertreter der russischen Presse in Kopenhagen bestätigen aufgrund der Zeugnisse einer Reihe von Personen, die mit Parvus’ Tätigkeit gut bekannt sind, [...] mit absoluter Unbezweifelbarkeit, daß Parvus ein politischer Agent der deutschen Regierung ist. Er hat systematisch Nachrichten und Berichte über die Lage Rußlands geliefert, wozu er die breiten Kontakte unter den russischen Sozialdemokraten benutzt. [...] Die deutsche Regierung gewährte ihm außerordentliche Vergünstigungen in bezug auf die Ausfuhr von Waren, deren Export aus Deutschland verboten war. [...] Ohne jeden Zweifel wurde festgestellt, daß Parvus bei den Verhandlungen mit der deutschen Regierung über die Reise Lenins und seiner Gesinnungsgenossen durch Deutschland eine große Rolle spielte.“[58]

Parvus rechtfertigte sich in der ihm eigenen aggressiven Art:

„Mein Leben lang habe ich mit allen mir zur Verfügung stehenden Mitteln die russische revolutionäre Bewegung unterstützt. [...] Ich tat das und werde das auch künftig tun. Ihr Dummköpfe, wozu fragt ihr mich aus, ob ich Lenin Geld gab oder nicht. Gerade Lenin wie auch alle die anderen, die Ihr namentlich anführt, haben mich um Geld weder als Geschenk noch als Darlehen je gebeten und es auch nie bekommen [...] Während Ihr versucht, das deutsche Geld aufzudecken, und den Kaufmann, in dessen Händen sich die deutsche Ware befindet, zu einem politischen Verbrecher abstempelt, seht Ihr nicht oder wollt Ihr nicht sehen, wie das englische, französische und amerikanische Geld den Staat verdirbt, wirtschaftlich versklavt und unter das politische Joch beugt.“[59]

Die Geheimpolizei und die Gegenaufklärung des Petrograder Militärbezirks untersuchten die Wege der Finanzierung der Bolschewiki durch die Deutschen, die dazu Parvus’ Kanäle benutzten.[60] Gegen die führenden Bolschewiki wurde im Juli 1917 ein Strafverfahren eingeleitet. Die Anklage lautete auf Hochverrat und Organisation eines bewaffneten Aufstandes.

In der offiziellen Mitteilung des Staatsanwalts der Petrograder Gerichtskammer hieß es:

„Die Angaben der Voruntersuchung enthalten direkte Hinweise auf Lenin als einen deutschen Agenten, darin wird auch darauf hingewiesen, daß er mit der deutschen Regierung Handlungen vereinbarte, die zum Erfolg Deutschlands in seinem Krieg gegen Rußland beitragen sollten, und nach Petrograd kam, wo er mit der Geldunterstützung seitens Deutschlands eine Tätigkeit entfaltete, die auf die Erreichung dieses Ziels gerichtet war. [...] Es stellte sich ferner heraus, daß Lenin und Zinov’ev, als sie im Oktober 1914 in Österreich in der Nähe von Kraków lebten, von den österreichischen Behörden als russische Untertanen verhaftet, doch bald entlassen wurden mit dem Recht einer freien Ausreise in die Schweiz, wo sie daran gingen, die Zeitschrift ‚Sozialdemokrat‘ herauszugeben, in der sie die Idee der Notwendigkeit der Niederlage Rußlands im gegenwärtigen Krieg verbreiteten. [...] Bei der Entlassung von Lenin und Zinov’ev spielte Hanecki eine große Rolle. [...] Die Untersuchung stellte fest, daß Hanecki-Fürstenberg, Jakob (Rufname Kuba), der während des Krieges in Kopenhagen lebte, dem Agenten der deutschen Regierung Parvus sehr nahe stand und mit ihm durch finanzielle Angelegenheiten verbunden war. [...] Im April 1917 erschienen in der schweizerischen sozialdemokratischen Zeitung, die in St. Gallen in deutscher Sprache herausgegeben wird, und etwas später auch in anderen Zeitschriften Nachrichten, die die Tätigkeit von Parvus enthüllten; sie waren von Dr. Jakob Friedmann aus Basel und dem ehemaligen Abgeordneten der Staatsduma Aleksinskij mitgeteilt worden. Die Tätigkeit von Parvus als deutscher und österreichischer Agent war darauf gerichtet, die Niederlage Rußlands herbeizuführen und von ihm die Ukraine abzutrennen. [...] Die kommerzielle Tätigkeit von Helphand (Parvus) dient nur zur Tarnung seiner Tätigkeit zugunsten Deutschlands. [...] Aus der den Gerichtsbehörden verfügbaren umfangreichen telegraphischen Korrespondenz ergibt sich, daß zwischen Sumenson, Ul’janov (Lenin), Kollontaj und Kozlovskij, die in Petrograd lebten, einerseits und Fürstenberg (Hanecki) und Helphand (Parvus) andererseits eine ständige und umfangreiche Korrespondenz geführt wurde. Zwar handelt diese Korrespondenz von kommerziellen Geschäften, der Entsendung diverser Waren und von Geldoperationen, aber es liegen dennoch genügend Begründungen für den Schluß vor, daß diese Korrespondenz Verbindungen von Spionagecharakter verhüllt. [...] Aufgrund der dargelegten Angaben sowie von Angaben, die vorläufig nicht zur Veröffentlichung bestimmt sind, werden Vladimir Ul’janov (Lenin), Ovsej Aronov Apfelbaum (Zinov’ev), Aleksandra Kollontaj, Mečislav Kozlovskij, Evgenija Sumenson, Helphand (Parvus), Jakob Fürstenberg (Kuba Hanecki) [...] angeklagt, 1917, obwohl russische Staatsbürger, laut vorhergehender Verabredung unter sich zur Förderung der im Krieg gegen Rußland stehenden Staaten in den gegen Rußland gerichteten feindlichen Handlungen mit Agenten der genannten Staaten übereingekommen zu sein, zur Desorganisation der russischen Armee und des russischen Hinterlandes zwecks Schwächung der Kampffähigkeit der Armee beizutragen, und dazu aus den von diesen Staaten erhaltenen Geldmitteln unter der Bevölkerung und in den Truppen die Propaganda organisiert zu haben mit dem Aufruf, die Kriegshandlungen gegen den Feind sofort zu beenden, sowie zu den gleichen Zwecken im Zeitraum vom 3. bis zum 5. Juli in Petrograd einen bewaffneten Aufstand gegen die im Staat bestehende oberste Macht organisiert zu haben, der durch eine ganze Reihe von Morden und Gewaltakten und von Versuchen der Verhaftung einiger Regierungsmitglieder begleitet wurde; die Folge dieser Handlungen waren die Verweigerung einiger Truppenteile, die Befehle der Kommandeure auszuführen, sowie die unerlaubte Entfernung von den Positionen, wodurch sie zum Erfolg der gegnerischen Armeen beigetragen haben. Juli 1917.“[61]

Lenin und Zinov’ev konnten sich der Justiz entziehen. Die anderen Ange­klagten mit Ausnahme von Parvus, der sich im Ausland befand, wurden verhaftet. Am 18. August 1917 schrieb Parvus den Brief „Die russischen Justizmörder und ihre Helfershelfer in Kopenhagen“, worin er behauptete:

„Ich habe niemals Lenin oder den anderen Angeklagten, sei es als Geschenk oder als Darlehen Geld gegeben, oder ihnen Aufträge der deutschen oder irgendeiner anderen Regierung übermittelt, ich habe selbst solche Aufträge niemals empfangen und mich überhaupt in meiner Tätigkeit durch keine Regierung, keine Person oder Behörde, durch nichts als durch meine Überzeugung und die Beschlüsse der deutschen sozialdemokratischen Partei beeinflussen lassen. Wer das Gegenteil behauptet, ist Lügner und Verleumder.“[62]

Aber nicht einmal das ZK der Partei der Bolschewiki glaubte Parvus. Das bolschewistische ZK,

„das über die Leninschen Machenschaften nicht auf dem Laufenden war, leitete gegen Hanecki ein Verfahren wegen Zusammenarbeit mit Parvus ein, Lenin jedoch, der alle heimlichen Einzelheiten dieser Kontakte kannte, trat für seinen langjährigen Kumpan ein und schrieb, daß alle Anklagen auf Gerüchten beruhten. Die Bolschewiki verlangten von Parvus, unter Eid zu erklären, daß er die Partei nicht finanziert hatte. Parvus weigerte sich, erklärte jedoch, daß er die revolutionäre Bewegung in Rußland auf jede Weise unterstützt habe.“[63]

Ein Jahr später, 1918, gab der Chef des Großen Kaiserlichen Generalstabs Erich von Ludendorff zu: „Durch die Entsendung Lenins nach Rußland hatte unsere Regierung auch eine besondere Verantwortung auf sich genommen. Militärisch war diese Reise gerechtfertigt, Rußland mußte fallen.“[64] Trockij schrieb in diesem Zusammenhang:

„Seitens Ludendorffs war das ein Abenteuer, das sich aus der schweren militärischen Lage Deutschlands ergab. Lenin nutzte Ludendorffs Berechnungen aus, denn er hatte hierbei seine eigene Berechnung. Ludendorff sagte sich: Lenin wird die Patrioten umwerfen, und dann ersticke ich Lenin und seine Freunde. Lenin sagte sich: Ich reise in Ludendorffs Wagen durch, und für den Dienst werde ich mit ihm auf meine Weise abrechnen.“[65]

Die Oktoberrevolution von 1917 nahm Parvus voller Begeisterung auf. Über Radek bat er Lenin, ihm die Rückkehr nach Rußland zu erlauben. Als Antwort prägte Lenin das berühmte Wort: „Die Sache der Revolution darf nicht mit schmutzigen Händen besudelt werden.“[66] Die Hoffnungen Parvus’, Lenin würde ihm den Posten eines Volkskommissars in der Sowjetregierung anbieten, ging also nicht in Erfüllung. Nachdem die Bolschewiki die Macht ergriffen hatten, störte Parvus sowohl die Deutschen als auch die Bolschewiki: Er wußte zu viel.

Bereits 1918 verwandelte sich Parvus in einen wütenden Kritiker Lenins. Besonders als der Leninsche Rat der Volkskommissare das Programm der Nationalisierung von Banken, Grund und Boden und Industrie bekanntgab. Parvus nannte dieses Programm verbrecherisch: Es schädigte seine kommerziellen Interessen. Er beschloß, Lenin politisch zu vernichten, und begann das Kapital zu sammeln, das notwendig war, um ein Netz russischsprachiger Zeitungen von China bis zur Grenze von Afghanistan zu schaffen und die Beförderung dieser Zeitungen nach Rußland zu ermöglichen.

Hier ein Muster dessen, wie Parvus, der sich einen „Revolutionär des Gedankens“ nannte, die russischen Bolschewiki kritisierte: „Die Hohlköpfe, die Fehlgeburten der Revolution, die Zerfetzer des Gedankens, die geistigen Lumpen! Die Besten von ihnen sind unfähig, sich über das alltägliche Leben anders zu erheben als über ein Seil, das andere gespannt haben. Versammeln sich mehrere von ihnen, so bilden sie einen Haufen; davon werden sie nicht intelligenter, sondern nur noch frecher.“ Aber von den Schimpfkanonaden gegen Lenin ging Parvus zur Analyse des Bolschewismus über: „Das Wesen des Bolschewismus ist einfach: die Revolution überall, zu jeder Zeit, ohne jeden Bezug auf den politischen Moment und die anderen historischen Bedingungen durchzusetzen. Wer dagegen ist, ist ihr Feind, und für die Feinde gibt es nichts als volle und sofortige Vernichtung.“[67]

Parvus verurteilte die Sowjetform der Staatsmacht vorbehaltlos.

„Die Sowjets der Arbeiter- und Soldatendeputierten sind eine gemischte Organisation von vorübergehendem revolutionärem Charakter. Sie ähneln weit mehr einem jüdischen Kahal als der modernen Demokratie. [...] Das Proletariat muß sich als Klasse zusammenschließen, getrennt von den anderen. Besser dafür sind die
geschichtlich ausgearbeiteten Formen: Gewerkschaften und eine Sozialdemokratie nach deutschem Muster.“[68]

Nachdem 1918 Deutschland den Ersten Weltkrieg verloren hatte und das Kaiserreich gestürzt war, zog sich Parvus aus dem öffentlichen Leben zurück und wollte seinen Lebensabend in der stillen und gemütlichen Schweiz verbringen. Doch fanden die Behörden der Schweiz einen Vorwand, Parvus zur Ausreise zu bewegen. Er zog nach Deutschland um und kaufte sich bei Berlin auf der Insel Schwanenwerder im Großen Wannsee eine prächtige Villa.[69] Dort lebte er bis zu seinem Tod 1924 – dem Todesjahr auch Lenins.

Parvus’ Tod rief weder unter den „Rechten“ noch unter den „Linken“, weder in Deutschland noch in Rußland besondere Beileidsbezeigungen hervor. Eine Ausnahme bildete höchstens eine Broschüre seines deutschen Freundes Konrad Haenisch, die Parvus verherrlichte.[70]

Clara Zetkin nannte Parvus einen „Zuhälter des Imperialismus“, der seine sozialistische Gesinnung an die deutsche Regierung verkauft habe.[71] In einem Nachruf, der in der bolschewistischen Zeitung Pravda veröffentlicht wurde, schrieb Radek:

„Im Alter von 55 Jahren ist in Berlin Helphand-Parvus an einem Schlaganfall gestorben. Die junge Generation kennt diesen Namen als den eines Verräters der Arbeiterklasse, als den Namen nicht nur eines Sozialpatrioten, sondern auch als den eines Menschen, welcher Inspirator der deutschen Sozialdemokratie und Schieber in einer Person war. Aber die alte Generation der Revolutionäre, die alte Generation der russischen Sozialdemokraten und Teilnehmer der Arbeiterbewegung Deutschlands kannte Parvus anders, kannte ihn als einen der besten revolutionären Schriftsteller der Epoche der II. Internationale. Parvus ist ein in den Schmutz getretener Teil der revolutionären Vergangenheit der Arbeiterklasse.“[72]

(Übersetzung: Nina Letneva)



1] Trockij, L.: Istorija russkoj revoljucii [Geschichte der russischen Revolution]. Berlin 1931; Mel’gunov, S.: „Zolotoj ključ“ k bol’ševistskoj revoljucii [Der „goldene Schlüssel“ zur bolschewistischen Revolution]. Paris 1940; ders.: Kak bol’ševiki zachvatili vlast’ [Wie die Bolschewiki die Macht ergriffen]. Moskau 2005; Katkov, G. Dokumenty ministerstva inostrannych del Germanii o finansovoj podderžke bol’ševikov v 1917 godu [Dokumente des Auswärtigen Amtes Deutschlands über die finanzielle Unterstützung der Bolschewiki im Jahre 1917]: International Affairs Nr.2/1956, v. 32; Germany and Revolution in Russia, 1915–1918. Documents from the Archives of the German Foreign Ministry. London-New York-Toronto 1958; Singer, L.: Raubt das Geraubte. Tagebuch der Weltrevolution 1917. Stuttgart 1967; Šub, D.: Kupec revoljucii [Kaufmann der Revolution]: Novyj žurnal, Buch 87, New York 1967; ders.: Političeskie dejateli Rossii 1850–1920-ch gg. [Politiker Rußlands zwischen den 50er Jahren des 19. bis zu den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts]. New York 1969; Scharlau, W., Zeman, Z.: Freibeuter der Revolution. Parvus-Helphand. Eine politische Biographie. Köln 1964; Scharlau, W., Zeman, Z.: The Merchant of Revolution. The Life of Alexander Israel Helphand (Parvus). London 1965; Zeman, Z., Šarlau, U.: Kredit na revoljuciju. Plan Parvusa [Ein Kredit für die Revolution. Parvus’ Plan]. Moskau 2007; Solženicyn, A.I.: Lenin v Cjuriche [Lenin in Zürich]. Paris 1975; Clark, R.: Lenin. Čelovek bez maski [Lenin. Ein Mensch ohne Maske]. Moskau 1989; Hahlweg, W.: Vozvraščenie Lenina v Rossiju v 1917 g. [Lenins Rückkehr nach Rußland 1917]. Moskau 1990; Solov’ev, O.: Parvus: političeskij portret [Parvus: Ein politisches Porträt]: Novaja i novejšaja istorija, Heft 1/1991; Bunič, I. Zoloto partii [Das Gold der Partei]. Sankt Petersburg 1992; Heresch, E.: Geheimakte Parvus: Die gekaufte Revolution. München 2000; Chereš, E: Kuplennaja revoljucija. Tajnoe delo Parvusa. Moskau 2004; Zemljanoj, S.: Rodina i revoljucija po schodnoj cene [Heimat und Revolution zu einem kulanten Preis]: Otečestvennye zapiski, Heft 1/2003; Schießer, G., Trauptmann, J.: Russisches Roulett. Das deutsche Geld und die Oktoberrevolution. Berlin 1998; Schießer, G., Trauptmann, J.: Russkaja ruletka. Nemeckie den’gi dlja russkoj revoljucii. Moskau 2004.

[2] Jakovlev, A.N.: Sumerki [Dämmerung]. Moskau 2003, S. 112–113.

[3] Fotokopien einiger dieser Archivmaterialien sind in der dokumentarischen Anlage zu unserem Beitrag zu finden.

[4] Israel Helphand. Technische Organisation der Arbeit („Cooperation und Arbeitsteilung“). Eine kritische Studie. Philos. Diss., Basel 1891.

[5] Zetkin, Cl.: Helphand-Parvus, in: Kommunističeskij Internacional 1/1925, S. 90–92.

[6] Zit. nach: Heresch, Die gekaufte Revolution. Geheimakte Parvus, S. 146; siehe auch: Chereš, Kuplennaja revoljucija. Tajnoe delo Parvusa, S. 129.

[7] Lehmann, C. / Parvus: Das hungernde Rußland. Vorwort. Stuttgart 1900.

[8] Pravda vom 14. Dezember 1924.

[9] Lenin, V.I.:  Polnoe sobranie sočinenij [Gesammelte Werke], Bd. 4, S. 60–61.

[10] Lenin in München. Dokumentation und Bericht von Friedrich Hitzer. München 1977.

[11] Trockij, L.: Moja žizn’. Opyt avtobiografii [Mein Leben. Versuch einer Autobiographie]. Moskau 2006, S. 169–170.

[12] Šub, Kupec revoljucii, S. 298.

[13] Parvus: Rossija i revoljucija. V rjadach germanskoj social-demokratii [Rußland und die Revolution. In den Reihen der deutschen Sozialdemokratie]. Sankt Petersburg 1906, S. 206.

[14] GA RF, Bestand ДП, Akte 1603, Teil 1, Bl. 1.

[15] Im Kresty führte Parvus ein Tagebuch, das später in seinen Memoiren veröffentlicht wurde, und gab sich den zugänglichen Unterhaltungen hin, in denen er, wie die Gefängnisaufseher bezeugten, „eine solche Kunst erreichte, daß er mehrere Fliegen auf einmal und im Fliegen fing“ – GA RF, Bestand ДП, Akte 1603, Teil 2-a, Bl. 6.

[16] Parvus: V russkoj Bastilii vo vremja revoljucii [In der russischen Bastille während der Revolution]. Dresden 1907; Parvus: Po tju’rmam vo vremja revoljucii. Pobeg iz Sibiri [Durch Gefängnisse während der Revolution. Flucht aus Sibirien]. Sankt Petersburg 1908.

[17] Parvus: Im Kampf um die Wahrheit. Berlin 1918, S. 7; Scharlau, Zeman: Freibeuter der Revolution, S. 36.

[18] Einer der Exponenten des „Bundes“, A. Litvak, sprach von Parvus unter Berufung auf K. Radek als von einem sehr begabten, „doch liederlichen Menschen, der klebrige Finger hatte und Frauen gegenüber unehrlich war“– zit. nach: Šub, Političeskie dejateli, S. 230.

[19] Gor’kij, M.: Polnoe sobranie sočinenij v 25 tomach [Gesammelte Werke in 25 Bänden]. Moskau 1974, Bd. 20, S. 10–11; siehe auch: Archiv Gor’kogo [Gor’kij-Archiv]. Moskau 1959, Bd. 7, S. 292.

[20] Zeman, Šarlau, Kredit na revoljuciju, S. 142–143.

[21] Nach Angaben der Geheimabteilung des Polizeidepartements von Petrograd vom 29. Juli 1916 schuldete Parvus dem Schriftsteller 20 000 Rubel, die Gor’kij nie von ihm bekommen sollte – GA RF, Bestand ДП, 00, Akte 5, Teil 1, Bl. 94b–96.

[22] GA RF, Bestand ДП, 00, Akte 5, Teil 39, Bl. 14.

[23] Naše slovo vom 14. Februar 1915; siehe auch: Jakovlev, op. cit., S. 114.

[24] Singer, Raubt das Geraubte, S. 150; Germany and Revolution in Russia, S. 1–2.

[25] Singer, Raubt das Geraubte, S. 153–154.

[26] Ebd., S. 151.

[27] Ebd., S. 151, 156.

[28] Scharlau, Zeman, Freibeuter der Revolution, S. 159.

[29] In der Anlage wird das deutsche Original des Dokuments abgebildet, das in Moskau im Russischen Staatlichen Archiv für sozialpolitische Geschichte (RGASPI) aufbewahrt wird, Bestand 299, IL. 1, Akte 5, Bl. 1–13, Rückseite. Siehe auch: Scharlau, Zeman, Freibeuter der Revolution, S. 373–374; Heresch, Geheimakte Parvus. Die gekaufte Revolution, S. 391–392; Chereš, Kuplennaja revoljucija. Tajnoe delo Parvusa, S. 366–369.

[30] Zit. nach: Heresch, Geheimakte Parvus. Die gekaufte Revolution, S. 129; siehe auch: Oktjabr’skuju revoljuciju ustroili Nemcy [Die Oktoberrevolution wurde von den Deutschen gedeichselt]: Komsomol’skaja pravda vom 4. April 2001.

[31] Zit. nach: Scharlau, Zeman, Freibeuter der Revolution, S. 153; Zeman, Šarlau, Kredit na revoljuciju, S. 150.

[32] Zit. nach: Heresch, Geheimakte Parvus. Die gekaufte Revolution, S. 208–209.

[33] PARVUS. Ein Blatt der Erinnerung von Konrad Haenisch. Berlin 1925.

[34] Fel’štinskij, Ju.: Voždi v zakone [Führer der Mafia]. Moskau 1999, S. 30–31; Clark, op. cit.

[35] Jakovlev, op. cit., S. 112.

[36] Scharlau, Zeman, Freibeuter der Revolution, S. 163.

[37] Solženicyn, Lenin v Cjuriche [Lenin in Zürich].

[38] Parvus, Im Kampf um die Wahrheit, S. 50.

[39] „Parvus erhielt 1915 vom Auswärtigen Amt und vom Generalstab Deutschlands drei Teilbeträge: eine Million Mark, dazu noch eine Million Rubel und 5 Millionen Mark, die der Chef des deutschen Auswärtigen Amtes von Jagow eigens für die ‚revolutionäre Agitation in Rußland‘ durchgeboxt hatte. Hierbei haben einige Historiker errechnet, daß das Geld für die Unterstützung der Revolution in Rußland 10 Prozent des Betrags des speziellen Geheimfonds Deutschlands ausmachte“ – Berštejn, A., Karcev, D.: Priezd revoljucii [Ankunft der Revolution]: Vremja novostej vom 3. April 2007.

[40] Lenin, Polnoe sobranie sočinenij, Bd. 27, S. 82.

[41] Ebd., S. 83.

[42] Scharlau, Zeman, Freibeuter der Revolution, S. 166.

[43] Zit. nach: Arutjunov, A., in: Nezavisimaja gazeta vom 21. April 2001.

[44] „Die Frage, ob die deutsche Regierung die Weltrevolution finanziell unterstützte, kann also mit einem klaren Ja beantwortet werden“ – Singer, Raubt das Geraubte, S. 168.

[45] Zit. nach: Scharlau, Zeman, Freibeuter der Revolution, S. 188; siehe auch: Heresch, Geheimakte Parvus. Die gekaufte Revolution, S. 201.

[46] Zit. nach: Scharlau, Zeman, Freibeuter der Revolution, S. 225; siehe auch: Schießer, Trauptmann, Russisches Roulett. Deutsches Geld für die russische Revolution, S. 71–72.

[47] GA RF, Bestand ДП, 00, Akte 5, Teil 57, Bl. 95b–96.

[48] Zit. nach: Heresch, Geheimakte Parvus. Die gekaufte Revolution, S. 263.

[49] Zeman, Šarlau, Kredit na revoljuciju, S. 233–235.

[50] Hahlweg, W.: Vozvraščenie Lenina v Rossiju v 1917 g. (dokumental’nyje materialy) [Lenins Rückkehr nach Rußland 1917 (Dokumentarische Materialien)]: Novaja i novejšaja istorija, Heft 3/1990.

[51] Krupskaja, N. Vospominanija o Lenine [Erinnerungen an Lenin]. Moskau 1957, S. 273–276.

[52] Zeman, Šarlau, Kredit na revoljuciju, S. 242.

[53] Zit. nach: Šub, Političeskie dejateli Rossii, S. 214; Solov’ev, Parvus: političeskij portret, S. 176.

[54] Zeman, Šarlau, Kredit na revoljuciju, S. 246.

[55] RGASPI, Bestand 299, IL. 1, Akte 45, Bl. 14–16.

[56] Reč’ vom 20. Juli 1917.

[57] RGASPI, Bestand 299, IL. 1, Akte 45, Bl. 12.

[58] Ebd., Akte 45, Bl. 1–2.

[59] Ebd., Akte 19, Bl. 8, Bl. 8 und 14

[60] „Ochranka“. Vospominanija rukovoditelej političeskogo syska [Erinnerungen von Leitern des politischen Fahndungsdienstes], Bd. 1, 2. Moskau 2004.

[61] Rossijskij Archiv: Istorija Otečestva v svidetel’stvach i dokumentach XVIII–XX vv. [Russisches Archiv: Geschichte des Vaterlandes in Zeugnissen und Dokumenten des 18.–20. Jahrhunderts]. Folge 8, Moskau 1998, S. 225–230. Siehe auch: Singer, Raubt das Geraubte, S. 147.

[62] RGASPI, Bestand 299, IL. 1, Akte 20, Bl. 4–5. Das Dokument wird in der Anlage zum vorliegenden Artikel angeführt.

[63] Jakovlev, op. cit., S. 115; siehe auch: Protokoly Central’nogo komiteta RSDRP(b), avgust 1917–fevral’ 1918 [Protokolle des Zentralkomitees der SDAPR(B), August 1917–Februar 1918]. Moskau 1958, S. 250.

[64] Ludendorff, E.: Meine Kriegserinnerungen. Berlin 1919, S. 407.

[65] Trockij, Moja žizn’, S. 306.

[66] Pravda vom 14. Dezember 1924; Šub, Kupec revoljucii, S. 321–322.

[67] Parvus: Pravda glaza kolet [Unangenehme Wahrheiten]. Stockholm 1918, S. 46–49.

[68] Ebd., S. 67–68.

[69] Eine Ironie des Schicksals: 1936–1945 gehörte die Villa Joseph Goebbels.

[70] Für Konrad Haenisch war Parvus „der hellste Kopf der zweiten Internationale“ – PARVUS. Ein Blatt der Erinnerung von Konrad Haenisch, S. 5.

[71] Zetkin, Cl.: Helphand-Parvus, in: Kommunističeskij Internacional, Bd. 1/1925, S. 90.

[72] Pravda vom 14. Dezember 1924.