Zeitgeschichte
 
Andreas Hilger
 
Stalins Justiz auf dem Prüfstand?
 
Deutsche "Kriegsverurteilte" zwischen Repatriierung und Rehabilitierung, 1953-2002[*]
 
I. Einleitung
 
Am 07. Juni 1955, gut zwei Jahre nach Stalins Tod, lud die neue Führung der UdSSR den deutschen Bundeskanzler Konrad Adenauer nach Moskau ein. Ziel der Visite sollte gemäß sowjetischer Vorstellung die Regelung der "Frage der Herstellung der diplomatischen und Handelsbeziehungen zwischen der Sowjetunion und der Deutschen Bundesrepublik" und der "damit zusammenhängenden Fragen" sein.[1] Zu diesen Fragen zählte nach Ansicht der Bundesregierung nicht nur die deutsche Wiedervereinigung, sondern auch die Repatriierung deutscher Kriegsgefangener, die sich über zehn Jahre nach Kriegsende noch immer in sowjetischem Gewahrsam befanden. Die UdSSR war sich der Bedeutung dieses Themas wohl bewußt. Sie wollte sich aber Zeitpunkt sowie Art und Weise seiner Behandlung vorbehalten und blockte im folgenden Notenaustausch vorzeitige Festlegungen ab.[2] Auch bei den Gesprächen, die vom 9. bis zum 13. September 1955 in Moskau stattfanden, stellten die sowjetischen Verhandlungsführer Nikolaj Bulganin und Nikita Chru[sinvcircumflex]èev die Aufnahme diplomatischer Beziehungen in den Mittelpunkt. "Wir halten nach wie vor für die wichtigste, die Hauptfrage, die Frage der Herstellung normaler diplomatischer Beziehungen zwischen unseren Ländern, die Frage der Normalisierung dieser Beziehungen. Wir sind der Meinung, daß die Frage der Rückkehr der Deutschen und viele andere Fragen dagegen von anderer Natur sind, die entschieden werden können, nachdem die Hauptfrage gelöst worden ist", ließ Bulganin Adenauer noch am dritten Verhandlungstag (12. September) wissen.[3]
 
Die Führer von Staat und Partei der UdSSR beriefen sich bei ihrer Ablehnung konkreter Repatriierungsverhandlungen auf den besonderen Status der Deutschen: Es handele sich um "Verbrecher, die durch die sowjetischen Gerichte für besonders schwere Verbrechen an dem sowjetischen Volk, gegen den Frieden und gegen die Menschlichkeit verurteilt" worden seien, um "Menschen, die ihr Menschengesicht verloren" hätten, um "Gewalttäter, Brandstifter, Mörder von Frauen, Kindern und Greisen", die "nicht als Kriegsgefangene betrachtet" werden könnten.[4] Somit nahmen Stalins Nachfolger Zuflucht zu einem Argument, das schon zu dessen Lebzeiten die Zurückhaltung ehemaliger Wehrmachtssoldaten in der UdSSR rechtfertigen sollte: Neben 3.815 Kriegsgefangenen, "deren Kriegsverbrechen zur Zeit noch untersucht werden", befanden sich nach dem offiziellen Ende der Repatriierung deutscher Kriegsgefangener aus der UdSSR am 4. Mai 1950 laut TASS noch 9.717 "wegen begangener schwerer Kriegsverbrechen" verurteilte Soldaten in der Sowjetunion.[5] Der sowjetische Sprachgebrauch verdeckte gegenüber dem Ausland im Übrigen nicht nur den Umstand, daß eine ganze Reihe der zurückgehaltenen Kriegsgefangenen als "Konterrevolutionäre" verurteilt worden waren. Darüber hinaus kam weder 1950 noch 1955 zur Sprache, daß sich unter den "Kriegsverbrechern" in sowjetischen Lagern mehrere Tausend Zivilisten befanden, die nach 1945 in der SBZ/DDR und in ihrer überwiegenden Mehrheit als "Spione" oder "Saboteure" verurteilt worden waren.[6]
 
Entgegen den offiziellen Verlautbarungen ließ die Sowjetunion im September 1955 schließlich doch, Adenauers Wünschen gemäß, die ausländischen Sträflinge ziehen. Die nun zugänglich gewordenen Dokumente haben gezeigt, daß der scheinbar so plötzliche Sinneswandel in Moskau schon länger vorbereit worden war.[7] Der sowjetische Kurs läßt sich in das für die Jahre nach Stalin spezifische Spannungsverhältnis zwischen Beharrung und Veränderung einpassen, das auch die Repatriierungspolitik als außen- und zugleich als innenpolitisches Problem prägte. Die Kriegsgefangenenpolitik ab 1953 läßt sich von daher als Teilaspekt der Entstalinisierung mit all ihren Einschränkungen und Brüchen beschreiben; sie dauert letztlich bis heute an. Auf der Grundlage sowjetischer und russischer Dokumente, von denen eine Auswahl hier erstmals publiziert wird, werden im Folgenden Kontinuitäten und Diskontinuitäten post-stalinistischer Kriegsgefangenenpolitik als integraler Bestandteil sowjetischer Außen- und Innenpolitik beschrieben. Ihre langwierigen Ausläufer und Folgewirkungen reichen bis in die post-sowjetische Ära hinein. Die heutige Rehabilitierungspolitik gegenüber deutschen "Opfern politischer Repressionen" erscheint vor diesem Hintergrund als Fallstudie der aktuellen Auseinandersetzung mit dem Erbe des Stalinismus.
 
II. 1950: Das offizielle Ende der Repatriierungen deutscher Kriegsgefangener aus der UdSSR
 
Die Außenminister Frankreichs, Großbritanniens, der Sowjetunion und der USA hatten sich im März 1947 darauf geeinigt, alle deutschen Kriegsgefangenen bis Dezember 1948 zu repatriieren. Die sowjetische Regierung hielt sich vor allem aus wirtschaftlichen Gründen nicht an diese Vereinbarung: Schon im Mai 1948 informierte Ivan Serov als Stellvertretender Innenminister die relevanten MVD [Innenministerium] -Dienststellen, daß arbeitsfähige Deutsche über Dezember 1948 hinaus in der UdSSR zurückgehalten würden. Daneben würden 1949 auch Kriegsgefangene aller Nationen, "die aus operativen und anderen Erwägungen nicht der Repatriierung unterliegen", in den sowjetischen Kriegsgefangenenlagern verbleiben.[8] Damit verwies Serov recht verklausuliert auf ein Moment sowjetischer Kriegsgefangenenpolitik, das neben dem Arbeitseinsatz der Gefangenen - und deren versuchter Umerziehung zu Parteigängern der UdSSR - ständig an Gewicht gewonnen hatte: Die Verfolgung von nationalsozialistischen Kriegs- und Gewaltverbrechern. Unter diesem Signum verfolgte die stalinistische Justiz im Auftrag der politischen Führung indes zusätzlich eine ganze Reihe weiterer Vergehen: Dazu zählten auch vermeintlich "konterrevolutionäre" Taten von Soldaten und Gefangenen, wie "Sabotage" in den Lagern, "Spionage" als Angehörige deutscher Aufklärungsdienste oder schlicht eine "revanchistische" oder "reaktionäre", d.h. prowestliche Gesinnung. Unabhängig von den Anklagen waren alle Untersuchungen und die fälligen Gerichtsverhandlungen - wie auch bei der dritten Gruppe, den unpolitischen Lagerdelikten - von einem hohen Maß an Willkür, fehlenden Verteidigungsmöglichkeiten und äußerst harten Strafen gekennzeichnet, ohne daß den Angeklagten kaum jemals eine individuelle, rechtlich erhebliche Schuld wirklich nachgewiesen wurde.[9]
 
Der sowjetische Ministerrat beschloß am 19. Februar 1949, bis Jahresende rund 370.000 der verbliebenen deutschen Gefangenen zu repatriieren. Von der Rückführung ausgeschlossen waren fast 50.000 Deutsche, denen konkrete Verbrechen vorgeworfen wurden oder die auf "operativen Listen" erfaßt waren; darunter befand sich die überwiegende Mehrheit der kriegsgefangenen Generäle. Über das weitere Schicksal der sogenannten "poduèetnye" mußte auf der Grundlage formaler Angaben - etwa über die Zugehörigkeit zu einzelnen Truppenteilen oder Organisationen - sowie anhand von Spitzelberichten erst noch entschieden werden.[10] Das MVD intensivierte in den Folgemonaten die Überprüfung dieses besonderen Kontingents, um, so ständige Ermahnungen der Moskauer Zentrale, keinen einzigen Verbrecher ungestraft davonkommen zu lassen.[11] Diese - im sowjetischen Sprachgebrauch: - Filtration erreichte kurz vor Ablauf der im Februar 1949 festgelegten Repatriierungsfrist ihren Höhepunkt. Auf Anregung des Innenministers, Sergej Kruglov, setzte das Politbüro am 28. September 1949 auf zentraler und regionaler Ebene Kommissionen aus Vertretern des MVD, des MGB und der Militärstaatsanwaltschaft ein, die abschließend über das Schicksal der Zurückgehaltenen zu entscheiden hatten.[12] Nach ersten lokalen Freisprüchen gaben die Moskauer Spitzen operativen Organen und Gerichten schließlich genaue Verurteilungsvorschriften an die Hand, um alle politischen Wünsche an die Justiz erfüllen zu können.[13] Die folgenden Massenverurteilungen gingen den Machthabern allerdings offenbar zu weit: Bis Ende Februar wurden detaillierte Regeln für die Repatriierung eines Teils derjenigen Gefangenen erarbeitet, die gerade erst zu 25jähriger Haft verurteilt worden waren.[14]
 
Die entsprechenden, hier abgedruckten Kerndokumente belegen einmal mehr die hohe Ideologisierung und direkte politische Instrumentalisierung stalinistischer Justiz. Sie zeigen zudem die Gemengelage strafpolitischer und ideologisch unterfütterter sicherheitspolitischer Motive, die für Verurteilungen resp. Entlassungen ausschlaggebend waren - dabei gewannen justizfremde Überlegungen immer mehr die Überhand. Der strikten sicherheitspolitischen Prävention wurden daher in der Folgezeit nicht nur weiterhin rechtliche Grundsätze, sondern auch mögliche außenpolitische - zumindest propagandistische - Optionen geopfert: So spielten im Zusammenhang mit der Stalin-Note mögliche Entlassungen von Gefangenen in sowjetischen Diskussionen nach heutigem Kenntnisstand keine Rolle,[15] wenngleich Moskauer Bürokratien zeitgleich Überlegungen zur generellen Erstattung von Repatriierungskosten anstellten.[16]
 
Unter anderen Vorzeichen und mit verschobenen Akzentsetzungen ist es auch nach Stalins Tod bei der Mehrsträngigkeit und mitunter Widersprüchlichkeit der Kriegsgefangenenpolitik geblieben. Die endgültigen Entlassungen von 1955 setzten dabei zugleich Ansätze fort, die noch im März/April 1953 von Lavrentij Berija angestoßen worden waren.
 
III. 1953: Berijas Interregnum
 
Berija ergriff sofort nach dem Tod des Diktators die Initiative, um die Paralyse von Repressions- und Staatsstrukturen aufzubrechen und sich für die anstehenden Machtkämpfe zu positionieren:[17] Die ersten Korrekturen stalinistischer Exzesse fanden ihren unmittelbarsten Ausdruck in einer großangelegten Amnestie, die auf Berijas Betreiben hin am 27. März 1953 verkündet wurde. Sie galt für den "bedeutende[n] Teil" der rund 2,5 Millionen Häftlinge, der für Verbrechen verurteilt worden war, die - so der neue Duktus - "keine große Gefahr für die Gesellschaft darstellen".[18] Diese Argumentationslinie führte dazu, daß (neben "Banditen" und Mördern) vor allem politische Gefangene sowie Diebe "sozialistischen Eigentums" nahezu gänzlich von der Amnestie ausgeschlossen blieben.
 
Innen- und Justizministerium wiesen am 28. März in ihrem Befehl zur Umsetzung des Ukaz ausdrücklich darauf hin, daß die Amnestie sich auch auf "verurteilte Ausländer"[19] erstrecke. Erste Entwürfe dieses Befehls wollten allerdings explizit festschreiben, daß "Kriegsverbrecher aus den Reihen der ehemaligen Kriegsgefangenen", die nach dem Ukaz des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 19. April 1943 "Über Maßnahmen zur Bestrafung der deutschen faschistischen Übeltäter, schuldig der Tötung und Mißhandlung der sowjetischen Zivilbevölkerung und der gefangenen Rotarmisten, der Spione, der Vaterlandsverräter unter den sowjetischen Bürgern und deren Mithelfern"[20] verurteilt worden waren, von der Amnestie ausgeschlossen blieben. Diese Einschränkung fehlte in der Endfassung. Mit Blick auf verurteilte Kriegsgefangene war die Lücke aufgrund der verfolgten Tatbestände und durch das bei diesen Prozessen übliche Strafmaß von mindestens 15, meistens 25 Jahren praktisch ohne Bedeutung. Die redaktionellen Änderungen weisen aber darauf hin, daß dem gesamten Komplex der Verurteilungen nach Ukaz 43 noch 1953 eine Eigenständigkeit innerhalb des sowjetischen Rechtssystems zuerkannt wurde, in dem - gesonderte - Entscheidungen nur von den Spitzen von Partei und Staat gefällt werden konnten. Für diese Interpretation spricht auch das weitere Prozedere.
 
Der neue Führungszirkel kam mit Blick auf den besonderen internationalen Stellenwert ausländischer GULag-Häftlinge schon bald überein, mögliche Repatriierungen in einem eigenen Verfahren und mehr oder weniger unabhängig sowohl von der geltenden Rechtslage bzw. der März-Amnestie als auch von früheren Richtersprüchen zu prüfen.[21] Auch wenn Berija hier wiederum die Vorreiterrolle übernahm, so belegen Ausarbeitungen der Deutschlandpolitiker im Außenministerium, daß es in dieser speziellen Frage anfangs wenig Diskrepanzen zwischen den unterschiedlichen Strömungen im Kreml gab - es galt, Innen- und Außenpolitik von den offenkundigsten Belastungen stalinistischer Politik zu befreien.[22] Von daher überrascht es nicht, daß Berija und Vjaèeslav Molotov gemeinsam dem Präsidium des ZK der KPdSU die Einsetzung einer interministeriellen Kommission vorschlugen, um die Fälle von 32.465 ausländischen Strafgefangenen, darunter insgesamt 19.048 "ehemalige Kriegsgefangene und Internierte" aller Nationen, erneut zu begutachten.[23] Nach Meinung beider Spitzenpolitiker waren "viele Ausländer" "in der Periode des Großen Vaterländischen Krieges für geringfügige Verbrechen verurteilt" worden und stellten "gegenwärtig keine ernsthafte Gefahr für unseren Staat dar".[24] Da die März-Amnestie nur in 2.219 Fällen griff, sollte die Kommission binnen eines Monats die Entlassungsmöglichkeiten für alle verurteilten Ausländer prüfen. Das ZK-Präsidium folgte ihren Ausführungen. Die einberufene Kommission setzte sich aus kompetenten Vertretern sowjetischer Sicherheits- und Deutschlandpolitik zusammen.[25] Während das MID [Außenministerium] im weiteren Verlauf mit den Regierungen der Heimatländer "Ordnung, Fristen und Übergabepunkte" für die erwarteten Repatriierungen vereinbaren sollte, wurde das Justizministerium beauftragt, den anstehenden Freilassungsbeschlüssen "in einem vereinfachten Verfahren über das Oberste Gericht der UdSSR die vorschriftsmäßige Form" zu geben.[26]
 
Das Militärkollegium des Obersten Gerichts der UdSSR begann nach Vorlage des abschließenden Kommissionsberichts am 20. Mai 1953 weisungsgemäß, im Fließbandverfahren Einzelbeschlüsse über die "vorzeitige Befreiung" der ausgewählten 6.162 Kriegsgefangenen (v.a. Deutsche, Österreicher und Japaner) auszufertigen.[27] Diese "Entscheidungen" des höchsten Gerichts der UdSSR wurden von MVD und ZK-Präsidium allerdings zunächst einmal stillschweigend ignoriert. Der Grund hierfür ist nicht im ostdeutschen Aufstand vom 17. Juni 1953 zu suchen, denn noch am 26. Juni kündigte die UdSSR der SED-Führung ganz offiziell baldige Entlassungen Deutscher im großen Maßstab an.[28] Dagegen führte die am selben Tag erfolgte Verhaftung Berijas sofort zum Abbruch aller Repatriierungsvorbereitungen. Da ihm seine Gegner unter anderem parteiverachtende Selbstherrlichkeit und außenpolitischen Ausverkauf vorwarfen,[29] kamen die Entlassungen verurteilter Ausländer, insbesondere Deutscher, zwangsläufig auf den Prüfstand. Innenminister Kruglov, Justizminister Konstantin Gor[sinvcircumflex]enin und Außenminister Molotov befaßten sich nach dem 21. Juli 1953 erneut mit den entsprechenden Entscheidungen des Berija-Intermezzos.[30] Im Kontext der Vorwürfe gegen den "Agenten" Berija und des internen Ringens um die weitere innen- und außenpolitische Moskauer Marschrichtung plädierten die drei dafür, sich in der Repatriierungspolitik ausschließlich von den Bestimmungen der März-Amnestie leiten zu lassen. Damit wäre die Zahl der zu entlassenden Deutschen - Kriegsgefangene und Zivilisten - auf rund 400 Personen reduziert worden.[31] Der erneuten Erstarrung haben sich Malenkov und Chru[sinvcircumflex]èev offenbar verweigert und setzten im Zeichen einer entspannteren, zumindest propagandaträchtigeren Außenpolitik die zügige Repatriierung von 5.380 deutschen Kriegsgefangenen durch. Zugleich schrieb Moskau die Entlassungen aus naheliegenden Gründen offiziell einer DDR-Initiative gut.[32]
 
Die Repatriierungen waren Teil eines Gesamtkompromisses, der zugleich eine nochmalige Überprüfung der Entlassungsentscheidungen des Frühlings durch Justiz-, Außen- und Innenministerium vorsah.[33] Am 17. November legte schließlich eine erneut eingesetzte Kommission ihren Abschlußbericht vor, nach dem zusätzlich 4.823 deutsche Kriegsgefangene und Zivilisten aus der UdSSR repatriiert werden könnten;[34] nach westdeutscher Interpretation hat es sich hierbei vorwiegend um Kriegsgefangene gehandelt.[35] Das ZK-Präsidium billigte die Vorschläge am 30. November 1953: Das Militärkollegium des Obersten Gerichts hatte wieder einmal "entsprechend der im Beschluß des Präsidiums des Zentralkomitees der KPSS vom 15. April 1953 festgelegten Weise" die erforderlichen "Unterlagen [...] auszufertigen."[36] Sofern die Kommission Entscheidungen der Vormonate nur bestätigte, reaktivierte die MVD-Gefängnisverwaltung die bereits vorliegenden höchstrichterlichen Beschlüsse: Die fälligen Entlassungen erfolgten in diesen Fällen "auf der Grundlage des Beschlusses des Militärkollegiums des Obersten Gerichts der UdSSR [von Mai/Juni] und der Anweisung der Gefängnisverwaltung des MVD UdSSR" von Dezember 1953.[37] Aufgrund der erneuten Prüfungen wurden allerdings insgesamt 590 Deutsche von der "vorzeitigen Strafbefreiung" zurückgestellt;[38] die MVD-Gefängnisverwaltung veranlaßte in diesen Fällen die formal erforderlichen Änderungen beim Obersten Gericht der UdSSR.[39]
 
Die Periode 1953/54 ist vom ambivalenten Grundcharakter der Kriegsgefangenenpolitik der Nachfolger Stalins geprägt. Auf der einen Seite unterstrich die Auswahl der Repatrianten, daß es der UdSSR in ihrer Strafpolitik trotz aller untauglichen Mittel immer auch um die Verfolgung nationalsozialistischer Kriegs- und Gewaltverbrecher gegangen war und diese sich von daher nicht auf eine rein politische Instrumentalisierung reduzieren läßt. Vor diesem Hintergrund lassen sich die Kommissionsbeschlüsse von Mai 1953, die im wesentlichen über Juni 1953 hinaus Bestand hatten, auch als Korrektur der Massenverurteilungen von 1949/50 verstehen: Ein bedeutender Anteil von Offizieren und Mitarbeitern der Nachrichtendienste stand nun zur Repatriierung an, und der pauschale Vorwurf von Kriegsverbrechen wurde ausdifferenziert: Unter den 8.333 deutschen Kriegsgefangenen, deren Repatriierung in den Jahren 1953/54 dokumentiert ist, befanden sich 51,4 Prozent der in Haft befindlichen und nach Ukaz 43 sowie 62,7 Prozent der nach Artikel 58 StGB RSFSR Verurteilten.[40] Auf der anderen Seite stellen die Entlassungen allerdings bei weitem keinen vollständigen Bruch mit der stalinistischen Vergangenheit dar; er war weder von Berija noch von seinen Opponenten angestrebt. Von daher ist es weder zu einer vollständigen Lösung des "Kriegsgefangenenproblems", noch zu einer Diskussion über eine Rehabilitierung der Entlassenen gekommen. Kontinuitäten zeigten sich auch in der zweitrangigen Rolle der Justiz: Bis ins Detail der individuellen Auswahl der Repatrianten hinein lag das Verfahren in den Händen der politischen Führung. Diese setzte im übrigen auch in dem wichtigen Bereich außenpolitischer Konsultationen mit den "Bruderstaaten" die alte Linie fort: Die DDR konnte nur darauf hoffen, daß ihre Vorstellungen zur Repatriierungspolitik, die auch für die SED erhebliche innen- und deutschlandpolitische Bedeutung hatte, in Moskau berücksichtigt wurden. Angesichts der sowjetischen Prioritätensetzungen konnte man sich in Ost-Berlin allerdings in der Regel nicht einmal darauf verlassen, rechtzeitige und vollständige Informationen zu erhalten. Noch im Januar 1956 sprach die SED-Spitze auf einer gemeinsamen Tagung mit der KPdSU im Januar 1956 die "Bitte aus, daß bei solchen Fragen, wie es die Rückführung verurteilter Kriegsgefangener war, also Fragen, die mit Westdeutschland in Verbindung stehen, [...], vorher eine Konsultierung mit uns erfolgt. Eine Außerachtlassung der DDR kann zur Schmälerung ihres internationalen Ansehens führen und dem Gegner ermöglichen, zwischen uns zu differenzieren."[41]
 
An den Ambivalenzen sowjetischer Kriegsgefangenenpolitik sollte sich nur wenig ändern, als sich Chru[sinvcircumflex]èev 1955 aus einer gefestigten Position heraus erneut der Kriegsgefangenenpolitik zuwandte.
 
IV. 1955: Die Entlassungen der letzten deutschen Gefangenen
 
Die vorsichtigen Justizkorrekturen gingen auch nach Berijas Sturz und der Justizfarce seiner Verurteilung weiter. So untersuchte eine Zentralkommission ab Mai 1954 frühere Verurteilungen wegen "konterrevolutionärer Verbrechen".[42] Erweiterte Prüfungskompetenzen sowjetischer Gerichte oder neue Amnestien zielten ebenso auf die weitere Entlastung sowjetischer Haftorte und zusätzliche Teilkorrekturen stalinistischer Strafpolitik;[43] verurteilte Ausländer waren aber offenbar nur sporadisch von entsprechenden Prüfungen betroffen.[44] Auch die von der Strafprozessordnung vorgesehene Möglichkeit, Schwerkranke von der weiteren Haft zu befreien, stellte keinen Automatismus dar.[45] So beriet das Kollegium des Stalingrader Bezirksgerichts für Strafsachen im Dezember 1954 den Vorschlag einer medizinischen Kommission, die den Kriegsgefangenen Karl Sch. wegen einer schweren Tbc entlassen wissen wollte. Sch. war Ende 1949 von einem Militärtribunal der MVD-Truppen nach Art. 58,4 (Unterstützung der internationalen Bourgeoisie) und 58,11 (Agitation) verurteilt worden. Aufgrund der angeblichen "Schwere der von Sch. gegen den sowjetischen Staat begangenen Verbrechen" lehnte das Stalingrader Gericht die vorzeitige Entlassung Sch.`s ab und dokumentierte damit zugleich die unsichere Reichweite der allgemeinen Überprüfungen von Verurteilungen wegen konterrevolutionärer Verbrechen.[46] Auf diese Weise blieb die Gesamtzahl der Repatriierungen 1954 gering,[47] und auch in der Zeit vom 1. Januar 1955 bis zum 5. September 1955 wurden nach sowjetischen Zählungen nur 172 Deutsche (Kriegsgefangene und Zivilisten) in die Heimat entlassen.[48]
 
Trotzdem standen in diesem Jahr die verurteilten deutschen Kriegsgefangenen (und Zivilisten) erneut im Mittelpunkt der Moskauer Aufmerksamkeit. Im unmittelbaren Vorfeld der Ratifizierung der Pariser Verträge durch den Deutschen Bundestag suchte die UdSSR Kontakte zu innenpolitischen Gegnern Adenauers,[49] und durch den Parforceakt der Entlassung von Feldmarschall Schörner und Vizeadmiral Hans Voss brachte Moskau die in der UdSSR verbliebenen Deutschen in Erinnerung. Schörner und Voss, die im August 1945 noch als mögliche Angeklagte für den Nürnberger Prozeß gehandelt,[50] dann aber erst Anfang der fünfziger Jahre in sowjetischer Regie nach Kontrollratsgesetz Nr. 10 und Ukaz 43 verurteilt worden waren, wurden Ende Dezember 1954 vom Präsidium des Obersten Sowjets begnadigt und kamen Ende Januar 1955 in Deutschland an.[51] Am österreichischen Beispiel ließ sich nur wenige Wochen später beobachten, daß eine einvernehmliche Regelung der tief in die internationale Politik eingebetteten bilateralen Beziehungen auch eine Lösung der Kriegsgefangenenfrage mit sich bringen konnte.[52] Das Problem verurteilter Ausländer erwies sich auch 1955 generell als wesentlicher Aspekt der internationalen Beziehungen, denn in den sowjetischen Lagern befanden sich nicht nur deutsche, österreichische oder japanische Bürger, sondern auch Staatsangehörige Jugoslawiens, Finnlands, der USA, Englands, Frankreichs usw. Ihr Schicksal wurde daher auf höchster Ebene intensiv beraten, wobei die im Anhang veröffentlichten Berichte kontroverse Standpunkte innerhalb der Führungsspitze dokumentieren.[53]
 
Schon Mitte März 1955 beauftragte das ZK-Präsidium die Spitzen von Außen-, Justiz- und Innenministerium, des KGB sowie der Staatsanwaltschaft mit der abermaligen "Prüfung" der Fälle verurteilter Ausländer. Ihre Pläne lagen am 8. Juni 1955 dem ZK-Präsidium vor.[54] Wie in den Vorjahren, so wurde das besondere Häftlingskontingent nach alter Aktenlage beurteilt, und wie in den Vorjahren sah die Kommission auch 1955 die Voraussetzungen für eine vorzeitige Repatriierung nur bei einem Teil der Sträflinge gegeben - die Einschaltung der Rot-Kreuz-Gesellschaften für die Abwicklung von Entlassungen entsprach im übrigen dem Prozedere, das sich 1953 hinsichtlich japanischer Gefangener bewährt hatte.[55] Im Juni 1955 hielten es Moskauer Ministeriale allerdings erstmals für möglich, nichtamnestierbare Deutsche zur weiteren Strafverbüßung den Behörden der DDR zu überlassen. Dieses Verfahren wiederum lehnte sich eindeutig an die Behandlung der deutschen Zivilisten an, die 1945 bis 1955 von sowjetischen Militärtribunalen verurteilt worden waren und ihre Strafe in Ostdeutschland verbüßt hatten: Während sie sich bis 1954 unter sowjetischer Jurisdiktion befunden hatten, wurden sie am 5. Oktober 1954 per Beschluß des ZK-Präsidiums "an die Regierung der DDR" übergeben. Die SED wurde zugleich damit beauftragt, "die Fälle dieser Personen [zu] prüfen, um diejenigen möglicherweise vorzeitig zu entlassen oder zu amnestieren, die weniger schwere Verbrechen begangen" hatten.[56]
 
Das Schicksal der westdeutschen Nichtamnestierten koppelte die Moskauer Kommission Anfang Juni 1955 dagegen recht vage an die neu zu definierenden sowjetisch-westdeutschen Beziehungen.[57] Zudem konnte das KGB in ausgewählten Einzelfällen alten Phobien und neuen pragmatischen Erwägungen ungestört freien Lauf lassen und Gefangene von der Repatriierung ausschließen. Im ZK-Präsidium stieß man sich nicht nur an der operativ begründeten Zurückhaltung einzelner Personen. Ausschlaggebend für die Ablehnung des Beschlußentwurfs war vielmehr die mangelhafte Abstimmung mit dem anstehenden Moskau-Besuch Adenauers, bei dem alle Gefangenen zur Diskussion stehen sollten. An den weiteren Kommissionsberatungen nahm anstelle Molotovs der Stellvertretende Vorsitzende des Ministerrats, Mikojan, teil; möglicherweise wären die erforderlichen weiterreichenden Planungen mit direkter Beteiligung Molotovs nicht zu bewerkstelligen gewesen. Am 4. Juli lagen die neuen Entwürfe vor. Das entsprechende Schreiben an die SED ging, als "Vorschlag" verbrämt, am 14. Juli nach Ost-Berlin ab. Eine Diskussion mit den deutschen Genossen war indes nicht erwünscht: Zusätzliche Verfahren gegen die Repatrianten, wie von der SED angestrebt, wurden Ulbricht vom sowjetischen Botschafter in Ost-Berlin schlicht verboten.[58]
 
Da der Moskau-Besuch Adenauers konkretere Formen angenommen hatte, konnte man die geplanten Entlassungen direkt mit den Verhandlungen abstimmen. Den Dokumenten nach zu urteilen, stand das Gelingen der Gespräche für den Kreml außer Frage. Man plante allerdings, die Entlassungen als gnadenreiche Geste der Siegermacht UdSSR zu inszenieren und die propagandistische Gleichbehandlung von DDR und Bundesrepublik sicherzustellen[59] - die eingangs beschriebene Position Adenauers hat diesen Plan durchkreuzt. Ansonsten konnte die sowjetische Verhandlungslinie im September 1955 im Kern den Planungen von Juli folgen und führte zu dem bekannten Ergebnis.
 
Während der Kreml offiziell den Besuch der SED-Führung (17. bis 20. September 1955) abwartete, bevor man sich zur Repatriierung Deutscher äußerte, nahm man hinter den Kulissen schon parallel zur Abreise Adenauers die versprochenen Heimführungen in Angriff. In Moskau ging man dabei von insgesamt 9.626 Deutschen in sowjetischem Gewahrsam aus; geringfügige Änderungen der Gesamtzahlen und Verschiebungen innerhalb des Kriegsgefangenen- und Zivilistenstatus lassen sich derzeit nur mit späten Todesfällen, Statusänderungen oder schlichter Schlamperei in der Aktenführung erklären.[60] Eine weitere Änderung war indes politischen Erwägungen geschuldet. Am 22. September entschied sich das ZK-Präsidium gegen die Zahl von über 3.900 Nichtamnestierten: Binnen zwei Tagen wurden die Fälle neu "bewertet", und man einigte sich auf 749 Personen, die "in Anbetracht der besonderen Schwere der von ihnen verübten Verbrechen" "als Kriegsverbrecher in die Verfügung der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik und der Regierung der Bundesrepublik Deutschland übergeben" werden sollten.[61] Die neue Auswahl wirkte dank hervorstechender Einzelfälle nach außen hin sicherlich ein gut Teil glaubwürdiger.[62] Darüber hinaus verringerte die neue Verteilung die außenpolitische Brisanz der Ausdifferenzierung.
 
Chru[sinvcircumflex]èev hatte während der Verhandlungen gefordert, daß die Regierungen "gemäß ihrem Gewissen und gemäß ihren Gesetzen mit ihnen so verfahren, wie sie es für nötig erachteten".[63] Es ist unklar, warum es entgegen der ursprünglichen Planung und trotz Bitten der SED lange Jahre nicht zu entsprechenden Aktenübergaben durch die UdSSR gekommen ist. Der DDR-Regierung wurden auf eigenen Wunsch einige Akten über westdeutsche "Kriegsverbrecher", um antizipierten westdeutschen Rehabilitierungskampagnen entgegentreten zu können, zur Verfügung gestellt; die Materialien wurden ab Mitte Oktober im Neuen Deutschland veröffentlicht.[64] Die fehlende Aktenübergabe erschwerte es Ost und West, die Häftlinge angemessen zu beurteilen. Die DDR entließ im Frühling 1956 die überwiegende Mehrheit der rund 270 nichtamnestierten Ostdeutschen und behielt bis in die sechziger Jahre hinein auf Anraten des MfS vor allem vermeintliche "Konterrevolutionäre" in Gewahrsam, darunter v.a. verurteilte Zivilisten aus der SBZ/DDR - von gut 30 Häftlingen, die über April 1956 hinaus in Haft blieben, galten MfS und SED 23 als akut gefährliche "Spione" und "Agenten".[65] Adenauer dagegen regte am 25. Januar 1956 im Kabinett an, daß die Nichtamnestierten "verpflichtet werden sollten, sich in gewissen Zeitabständen bei der Polizei zu melden, damit die weiteren Entlassungen nicht gefährdet würden, und daß die nach allgemeiner Auffassung schwer belasteten KZ-Funktionäre verhaftet werden sollten."[66] Einzelne Verurteilte - vor allem die Zivilangeklagten des sowjetischen Prozesses gegen Angehörige des KZ Sachsenhausen von 1947 - wurden tatsächlich erneut in Haft genommen und abgeurteilt.[67] Andere Untersuchungen wurden in "den meisten Fällen zunächst einmal vorläufig eingestellt".[68]
 
Das Präsidium des Obersten Sowjets bezog sich in seinem Dekret zur Repatriierung der deutschen Gefangenen vom 28. September 1955 schließlich auf Bittgesuche "des Präsidenten und der Regierung der Deutschen Demokratischen Republik vom 27. Juli" und "der Regierung der Bundesrepublik Deutschland".[69] Neben den bereits erwähnten 749 Deutschen, die an die deutschen Behörden in Ost und West zu übergeben waren, wurden 8.877 deutsche Bürger "vorzeitig von der Strafverbüßung" befreit.
 
Obwohl die UdSSR die Repatriierungen ursprünglich bis zum 22. Oktober 1955 abschließen wollte,[70] wurden die Transporte am 13. Oktober vorübergehend eingestellt.[71] Die sowjetische Schuldzuweisung an die Bundesrepublik haben westdeutsche Heimkehrerverbände später aufgenommen: Demnach seien westdeutsche Verzögerungen beim Botschaftertausch ursächlich für die Unterbrechung der Transporte gewesen. Denselben Vorwurf äußerte Adenauer schon am 17. Januar 1956 gegenüber seinem Außenminister.[72] Dabei hatte allerdings die deutsche Seite bereits in Moskau ein Junktim von Botschaftseröffnung und Repatriierung angedacht, um die Heimführung abzusichern, und diese Gedankenspiele waren auch Adenauer vorgetragen worden.[73]
 
Am 7. Januar 1956 verließ der letzte Transport mit 541 Deutschen den Bahnhof Chrompik im Sverdlovsker Gebiet.[74] Am 18. Januar meldete der Stellvertretende Innenminister, Semen N. Perevertkin, ZK und Ministerrat den Abschluß der Repatriierung von 9.536 verurteilten deutschen Bürgern:[75] 3.104 - davon 273 "Nichtamnestierte" - waren in die DDR, 6.432 (471 "Nichtamnestierte")[76] - darunter gemäß Presseberichten mindestens 400 Frauen[77] - in die Bundesrepublik gefahren. Bundesdeutsche Stellen zählten unter den Repatrianten insgesamt 6.557 Kriegsgefangene.[78] Das KGB hielt aus operativen Gründen 28 Gefangene vorübergehend zurück. Über die Motive läßt sich in den meisten Fällen nur spekulieren; von der ersten Namensliste vom Sommer 1955 waren nur noch wenige Namen übriggeblieben. Häufig spielte wohl ein Verdacht, es bei den Gefangenen in Wahrheit mit ausreisewilligen Sowjetbürgern zu tun zu haben, eine Rolle.[79] Zumindest im Fall des Zivilverurteilten Ludwig Hoch, des früheren Stellvertretenden Chefs der sächsischen Polizei und SED-Mitglieds, ist indes davon auszugehen, daß das KGB ihn in den verbleibenden Monaten anwerben bzw. auf eine zukünftige Tätigkeit für das MfS vorbereiten wollte.[80] Die Anwerbung von Perspektivagenten oder potentiellen pro-sowjetischen Meinungsmachern betrieb das NKVD im übrigen bereits seit 1943.[81] Innenminister Kruglov hatte im Mai 1950 Stalin gemeldet, daß man unter den in den Lagern angeworbenen kriegsgefangenen und internierten "Agenturen" 986 als aussichts- und hilfreiche Mitarbeiter im Ausland einschätze; sie waren daher an das Komitee für Information (KI), die Hauptverwaltung für Aufklärung des Generalstabs der sowjetischen Armee, den Marinegeneralstab und das MGB übergeben worden.[82]
 
Mitte Januar 1956 befanden sich schließlich 26 Gefangene, darunter bis zu 22 Kriegsgefangene, in psychiatrischen Kliniken. Sie sollten in einem gesonderten Transport nach Deutschland gebracht werden. Die Ankunft dieses letzten Transports aus der Nervenheilanstalt Kazan' - nun mit 28 Kranken - wurde am 28. Februar in Eberswalde registriert.[83]
 
Doch auch nach dem "zweiten" Abschluß der Repatriierungen deutscher Kriegsgefangenen 1955/56 kam es immer wieder zu einzelnen weiteren Repatriierungen Deutscher. Hierbei handelte es sich in der Regel um Zivilisten.[84] Insgesamt ist unklar, ob bzw. warum sich nach Februar 1956 tatsächlich noch vereinzelt deutsche Kriegsgefangene in der UdSSR befanden. Nach Unterlagen des Deutschen Roten Kreuzes befanden sich im Januar 1963 noch 110 Deutsche, darunter 22 Kriegsgefangene, in Lagern in Pot'ma, Taj[sinvcircumflex]et, Marijnsk oder Vorkuta. Unter den 110 Personen waren insgesamt 14 Reichsdeutsche, verurteilt "wegen angeblicher Kriegsverbrechen, Spionage, gemeiner Verbrechen, aber auch wegen religiöser Betätigung" oder zurückgehalten "wegen ungeklärter Angaben über Namen und Staatsangehörigkeit".[85] Diese isolierten Angaben verweisen letztlich auf die Verwerfungen des Zweiten Weltkriegs mit den bevölkerungspolitischen Verschiebungen, Umkategorisierungen, Wechseln von Staatsbürgerschaften oder Deportationen. Diese machen es unmöglich, alle Gefangenen in sowjetischem Gewahrsam eindeutig als Kriegsgefangene oder Deutsche zu kategorisieren. In dieser Problematik sind die insgesamt ungenauen Zahlenangaben über deutsche Kriegsgefangene in sowjetischem Gewahrsam bzw. über ihre Sterblichkeit mitbegründet.[86]
 
Trotz dieser ungewissen Einzelschicksale setzten die Entlassungen von 1955/1956 einen Schlußpunkt hinter den Zwangsaufenthalt deutscher Kriegsgefangener, Zivilverurteilter oder Internierter in der UdSSR. In diesem Sinne brachte ihre Repatriierung die Abkehr vom Stalinismus deutlich zum Ausdruck. Die in den abgedruckten Quellen dokumentierte Entscheidungsfindung und die Durchführung selbst zeigten aber zugleich, daß Grundzüge des Stalinismus nicht so einfach über Bord geworfen werden konnten resp. sollten. Es blieb bei der eindeutigen Instrumentalisierung bzw. Übergehung justitieller Entscheidungen, und die Gefangenen wurden einmal mehr als beliebig verfügbare Manövrier- und Entscheidungsmasse im politischen Spiel betrachtet. Dies schlug auch auf die innere Differenzierung der Verurteilten nach "schweren" und leichteren" Verbrechern durch. Diese belegt aber zugleich, daß Moskau noch 1955 davon ausging, daß frühere Verurteilungen auch deutsche Kriegs- und Gewaltverbrechen geahndet hatten. So zeigt das Schicksal deutscher "Kriegsverurteilter", daß sich die sowjetische Führung nach Stalin nicht gänzlich von Prämissen und Charakteristika stalinistischer Politik löste. Von daher ist es, obwohl beispielsweise zahlreiche MVD-Befehle der Stalin-Ära zur Verurteilung von Kriegsgefangenen 1955 aufgehoben wurden und die Sträflinge entlassen worden waren, nie zu einer vollständigen Neubeurteilung der Verfahren schlechthin gekommen. Nur in Einzelfällen kamen sowjetische Gerichte im Zuge der Chru[sinvcircumflex]èev'schen Wiederherstellung der sozialistischen Gerechtigkeit zu vollständigen Revisionen früherer Urteile.[87] Die hier dargestellte Entwicklung spiegelt somit neben allen außenpolitischen Kurswechseln zugleich die sowjetische Entstalinisierung mit ihrer systembedingt halbherzigen Rehabilitierungspolitik nach 1953 wider.[88] In diesem Bereich konnte es nach jahrelanger Stagnation seit den frühen sechziger Jahren[89] erst Ende der achtziger zu erweiterten Ansätzen kommen: Sie wurden auch für die Neubewertung der früheren Verurteilungen deutscher Kriegsgefangener relevant. Die Grenzen und Unzulänglichkeiten der aktuellen Rehabilitierungen von Deutschen werfen ein eigenes Schlaglicht auf die Vergangenheitsaufarbeitung im neuen Rußland.
 
V. 1991: Rehabilitierung in Rußland - Ein Ausblick
 
Erst 1991 konnte ein russisches Rehabilitierungsgesetz die gesamte sowjetische Periode in den Blick nehmen.[90] Das Gesetz "Über die Rehabilitierung von Opfern politischer Repressionen" vom 18. Oktober 1991 richtete sich unter - beschränktem - Einfluß sowjetischer Bürgerrechtsbewegungen gegen jede politische und Willkürjustiz.[91]
 
Die neue Praxis wurde aber zugleich von Boris El'cin als Instrument zur strikten Abgrenzung gegen die Sowjetunion, die Kommunistische Partei und gegen Gorbaèev genutzt.[92] Der Ansatz zur umfassenden Neubewertung der Vergangenheit und die internationale Entspannungspolitik führte im Verbund mit deutschen Bemühungen in der Frage von zu Unrecht verurteilten Deutschen dazu, daß das Gesetz seit Ende 1992 auch auf ausländische Staatsangehörige Anwendung findet, "die aufgrund eines Urteils bzw. einer Entscheidung von Gerichten der UdSSR bzw. außergerichtlicher Organe außerhalb der UdSSR aufgrund einer Anklage wegen Handlungen gegen Staatsangehörige der UdSSR und Interessen der UdSSR repressiert wurden".[93] Das Gesetz schreibt die Rehabilitierung von "Personen, die aus politischen Gründen" verurteilt wurden, vor. Es schließt diejenigen, die "begründet" wegen "a) Hochverrat in Form von Spionage, Verrat militärischer bzw. staatlicher Geheimnisse und Überlaufen zum Feind; Spionage, terroristischer Anschlag, Diversion; b) Gewaltakte gegen die Zivilbevölkerung und Kriegsgefangene", "c) Bildung von Banden, die Morde, Plünderungen und andere Gewalttaten begangen haben, sowie persönliche Beteiligung an derartigen Handlungen innerhalb von Banden; d) Kriegsverbrechen gegen den Frieden, die Menschheit und die Rechtspflege" bestraft wurden, von einer Rehabilitierung aus.[94] Während Verurteilte nach dem Ukaz 43 bis 1997/98 im Rahmen des Gesetzes rehabilitiert wurden, werden die entsprechenden Beschlüsse nunmehr formal endgültig von der Staatsanwaltschaft gefaßt.[95] Außerhalb der UdSSR internierte und in die UdSSR deportierte Ausländer sind als sogenannte "administrativ Repressierte" generell von den Bestimmungen des Gesetzes ausgeschlossen.[96]
 
Seit 1992 erreichten die russische Hauptmilitärstaatsanwaltschaft, die für die Entscheidungen zuständig ist, über 18.000 Anträge aus mehr als 20 Ländern. Mit 14.000 machten Rehabilitierungsanträge aus Deutschland - von ehemaligen Kriegsgefangenen und Zivilverurteilten - den Löwenanteil aus. Davon wurden rund 25 Prozent abgelehnt.[97] Die heutigen Rehabilitierungsbeschlüsse - positive wie negative - illustrieren einige Besonderheiten des Gesetzes und dessen Anwendung.[98] So kann die Einschränkung auf "politische" Repressionen dazu führen, daß ideologisch motivierte Strafverschärfungen und Kriminalisierungen abweichenden Verhaltens generell außer acht gelassen werden. Ehemalige Gefangene beispielsweise, die nach Hungerdiebstählen auf der Grundlage der von Stalin initiierten und geprägten Ukaze vom 4. Juni 1947 abgeurteilt wurden,[99] können keine Rehabilitierung oder Kompensation für unverhältnismäßig harte Strafen - die durch die Lebensbedingungen im GULag noch ins Unerträgliche gesteigert wurden - erwarten.[100] Generell geht, indem individuelle Fälle auf der Grundlage der alten sowjetischen Ermittlungs- und Strafakten geprüft werden, in heutigen Rehabilitierungsverfahren mitunter auch in anderen Bereichen der Blick auf die durchgängige Instrumentalisierung der Justiz für politische Zwecke verloren - daß sich etwa 1949/50 direkte Verurteilungsanweisungen nachweisen lassen, spielt für aktuelle Überprüfungen nicht zwingend eine Rolle. Darüber hinaus bleiben offene Verletzungen rechtsstaatlicher Grundsätze in allen Verfahren - wie Folter oder die Verweigerung von Verteidigern und angemessener Übersetzung - in den heutigen Entscheidungen häufig unberücksichtigt. Uneinheitliche Entscheidungen mit zum Teil widersprüchlichen Begründungen, wie sie im Anhang dokumentiert werden, sind die Folge. Dabei läßt sich die Ausgestaltung von Rehabilitierungsgesetz und -entscheidungen nicht nur als Beleg für das Ungenügen ausschließlich juristischer Ansätze zur Vergangenheitsbewältigung ansehen. Sie korrespondiert vielmehr mit Unentschiedenheiten bzw. Versäumnissen in anderen Teilbereichen: So ist es bis heute nicht zu Verfahren gegen frühere Täter gekommen, obwohl das Rehabilitierungsgesetz diese Möglichkeit eröffnet;[101] diesem Versäumnis entspricht die mangelhafte Säuberung der Staatsapparate von alten Kadern und Funktionären.[102] Daneben tut sich Rußland schwer damit, Rehabilitierte resp. Opfer angemessen zu entschädigen.
 
Darüber hinaus wird auf der offiziellen Suche nach den vermeintlich lichten Seiten der Vergangenheit nicht nur eine zunehmend restriktive Archivpolitik betrieben,[103] sondern auch eine künstliche Separierung der Geschichte angestrebt. In ihrer Folge werden systemimmanente Negativa des Stalinismus zugunsten des "gleichsam losgelösten Bereich[s] von schützenswerter Staatlichkeit" beschwiegen.[104] Derartige Unternehmungen gehen Hand in Hand mit gesellschaftlicher Indifferenz. Während diese offenkundig einer Mischung von drückenden Alltagsproblemen, nostalgischer Verklärung, tiefsitzenden Überzeugungen, möglichen post-traumatischen Symptomen und dem Wunsch, sich selbst oder nahestehende Täter zu schützen oder reinzuwaschen, geschuldet ist,[105] orientiert sich die politisch-bürokratische Kaste pragmatisch an finanziellen Sparzielen[106] und vor allem an einer Idee vom starken Staat, dessen Machtinstrumente es zu bewahren gilt: Die in vielerlei Hinsicht unangetastete bzw. rekonsolidierte Stellung sicherheitsdienstlicher Strukturen und das ungebrochene "Soviet ethos of secrecy" werfen eigene Schlaglichter auf diese Motivation.[107]
 
Vor diesem Hintergrund stellt sich die aktuelle russische Rehabilitierungspolitik als Ausdruck des ambivalenten Verhältnisses Rußlands zu seiner gebrochenen Geschichte von Weltkrieg und Stalinismus, zu russischen Opfern und zu Täterschaft in und nach dem Zweiten Weltkrieg dar: Umfragen aus Anlaß des 50. Jahrestags des Todes Stalins im März 2003 ergaben, daß immerhin 36 Prozent der Meinung waren, daß ihm das Land mehr Gutes als Schlechtes verdanke.[108] Dabei ist der wenig respektvolle Umgang mit Rechts- und rechtstaatlichen Grundsätzen ein konstitutiver Teil des verhängnisvollen Vermächtnisses des Diktators,[109] der die Aufarbeitung der Vergangenheit ebenso belastet wie die Gestaltung der Gegenwart.[110] Die direkte Abhängigkeit nationaler Entwicklungsmöglichkeiten vom Umgang mit der eigenen Vergangenheit verleiht der (offiziellen) Rehabilitierungspolitik besondere Brisanz. Die reduzierten Bemühungen auf diesem Feld unterstreichen somit den prekären, unvollständigen Übergang zu einer neuen Gesellschaft und einer neuen Politik in Rußland.

[*] Der Beitrag geht in Teilen auf ein Projekt der Osteuropäischen Abteilung des Historischen Seminars der Universität zu Köln zurück, das die Edition sowjetischer Dokumente über die Verurteilungen deutscher Kriegsgefangener zum Ziel hatte und das von der Thyssen-Stiftung gefördert wurde. Ihr sei an dieser Stelle herzlich gedankt.
 
[1] Text der Note u.a. zit. in Adenauer, Konrad: Erinnerungen 1954-1955. Lizenzausgabe Augsburg 1996, S. 215.
 
[2] Noten vom 12. und 19.8.1955. Ebenda, S. 255 f.
 
[3] Ebenda, S. 304 f., Zitat S. 304. Vgl. auch das unkorrigierte, gekürzte Stenogramm der Sitzung. In: Konasov, Viktor B.: Sud'by nemeckich voennoplennych v SSSR: diplomatièeskie, pravovye i politièeskie aspekty problemy. Oèerki i dokumenty. Vologda 1996, S. 253 f. Zu den Verhandlungen vgl. neben den Erinnerungen Adenauers auch Schmid, Carlo: Erinnerungen. Bern 1979, S. 569 ff.; Eckardt, Felix von: Ein unordentliches Leben. Lebenserinnerungen. Düsseldorf 1967, S. 400 ff.
 
[4] Adenauer, Erinnerungen, S. 274 und 305; Pravda vom 12.9.1955, zit. nach Konasov, Sud'by, S. 248 f.
 
[5] Pravda vom 5.5.1950. In: Konasov, Sud'by, S. 232.
 
[6] Vgl. hierzu Hilger, Andreas u.a. (Hg.): Sowjetische Militärtribunale, Band 2: Die Verurteilung deutscher Zivilisten 1945 bis 1955. Köln 2003.
 
[7] Vgl. hierzu Hilger, Andreas: Faustpfand im Kalten Krieg? Die Massenverurteilungen deutscher Kriegsgefangener 1949/50 und die Repatriierung Verurteilter 1950 bis 1956. In: Hilger u.a. (Hg.), Sowjetische Militärtribunale, Band 1, S. 211-271, hier S. 262 ff; Hilger, Andreas/Morré, Jörg: SMT-Verurteilte als Problem der Entstalinsierung. Die Entlassungen Tribunalverurteilter aus sowjetischer und deutscher Haft. In: Hilger u.a. (Hg.), Sowjetische Militärtribunale, Band 2 (im Druck).
 
[8] Telegramm des Stellv. MVD, Ivan Serov, vom 26.5.1948. In: Zolotarev, V. A. u.a. (Zusammenstellung): Inostrannye voennoplennye vtoroj mirovoj vojny v SSSR. Moskau 1996, S. 477 f.
 
[9] Vgl. zu diesem Gesamtbefund Hilger u.a. (Hg.), Sowjetische Miltärtribunale, Band 1, hier v.a. die Einleitung der Hg. sowie die Beiträge von Friedrich-Christian Schroeder und Leonid Kopalin.
 
[10] Verordnung SovMin Nr. 751-287ss vom 19.2.1949, Gosudarstvennyj Archiv Rossijskoj Federacii, GARF, Bestand 5446, Liste 51a, Dossier 5011, Blatt 47 f.
 
[11] Verfügungen MVD Nr. 106ss und Nr. 181ss vom 16.2. bzw. 31.3.1949, GARF, B. 9401, L. 12, Themenband 205, Band 16, Bl. 85-92, zitiert nach Kopien im Archiv des Hannah-Arendt-Instituts für Totalitarismusforschung, Dresden.
 
[12] Beschluß Nr. P71/236-op, zitiert nach Petrov, Nikita: Deutsche Kriegsgefangene unter der Justiz Stalins. Gerichtsprozesse gegen Kriegsgefangene der deutschen Armee in der UdSSR 1943-1952. In: Karner, Stefan (Hg.): Gefangen in Rußland. Die Beiträge des Symposiums auf der Schallaburg 1995. Graz 1996, S. 176-221, hier S. 206. Vgl. Dokument 1) im Dokumententeil dieses Heftes.
 
[13] Vgl. Dokument 2) im Dokumententeil. Im April 1949 waren erste Verurteilungsbefehle hinsichtlich der Mitarbeiter deutscher Nachrichtendienste erlassen worden. Verfügung MVD und Hauptmilitärstaatsanwalt Nr. 188/62ss vom 1.4.1949, GARF, B. 9401, L. 12, Themenband 205, Band 16, Bl. 84.
 
[14] Vgl. Dokument 3) im Dokumententeil.
 
[15] Zarusky, Jürgen (Hg.): Die Stalin-Note vom 10. März 1952. Neue Quellen und Analysen. München 2002.
 
[16] Vgl. Dokumente 4) und 5) im Dokumententeil. Zum Kontext vgl. Katasonova, Elena L.: Japonskie voennoplennye v SSSR. Bol'[sinvcircumflex]aja igra velikich derav. Moskau 2003, S. 150f.
 
[17] Kokurin, A. I. u.a. (Hg.): "Novyj kurs" L. P. Berii. 1953 g. In: Istorièeskij archiv, (1996), Nr. 4, S. 132-164. Zur Gesamtsituation vgl. v.a. Merl, Stephan: Entstalinisierung, Reformen und Wettlauf der Systeme 1953-1964. In: Plaggenborg, Stefan (Hg.): Handbuch der Geschichte Rußlands, Band 5: 1945-1991. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zusammenbruch der Sowjetunion, Lieferung 3-4. Stuttgart 2002, S. 175-318, hier S. 175-198, S. 274-279 und S. 282 f. Die Führungsspitze einschließlich namentlich Molotovs hat nach Stalins Tod geschlossener gehandelt, als später im Kampf gegen Berija erinnert wurde. Vgl. Kramer, Mark: The Early Post-Stalin Succession Struggle and Upheavals in East-Central Europe. Internal-External Linkages in Soviet Policy Making, Part 1 and 2. In: Journal of Cold War Studies, Vol. 1/1999, S. 3-55, Vol. 2/1999, S. 3-38.
 
[18] Berija an das Präsidium des ZK der KPSS "Über die Notwendigkeit der Durchführung einer Amnestie" vom 26.3.1953. In: Kokurin u.a. (Hg.), "Novyj kurs" L. P. Berii, S. 143-145. Ukaz des Präsidiums des Obersten Sowjets UdSSR vom 27.3.1953. In: G. F. Vesnovskaja, G. F. (Red.): Sbornik zakonodatel'nych i normativnych aktov o repressijach i reabilitacii ertv politièeskich repressij. 2 Bände. Kursk 1999, hier Band 2, S. 70-72; Verfügung MVD, MJu und Generalstaatsanwaltschaft Nr. 15-18/12-106s vom 22.4.1953. GARF, B. 9401, L. 1a, D. 521, Bl. 29-30ob. Vgl. Pyikov, Aleksandr: Chru[sinvcircumflex]èevskaja "Ottepel`". Moskau 2002, hier S. 217-219. Zu parallelen Reorganisationen des GULag vgl. Andreas Hilger, Die sowjetischen Straflager für verurteilte deutsche Kriegsgefangene: Wege in eine terra incognita der Kriegsgefangenengeschichte. In: ders. u.a. (Hg.), Sowjetische Militärtribunale, Band 1, S. 93-142, hier S. 112 f.
 
[19] Befehl MVD, MJu und Generalstaatsanwalt Nr. 08/012/85s vom 28.3.1953, hier Punkt 9. In: Kokurin u.a. (Hg.), "Novyj kurs" L. P. Berii, S. 145-148.
 
[20] GARF, B. 7523, L. 67, D. 6, Bl. 5 f. Zum so genannten Ukaz 43 vgl. allg. Hilger, Andreas; Petrov, Nikita; Wagenlehner, Günther: Der "Ukaz 43": Entstehung und Problematik des Dekrets des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 19. April 1943. In: Hilger u.a. (Hg.), Sowjetische Militärtribunale, Band 1, S. 177-210.
 
[21] Westliche Appelle wie die Aufforderung Eisenhowers vom 16. April 1953 zur Lösung des Kriegsgefangenenproblems, hinkten der sowjetischen Entscheidungsfindung eindeutig hinterher. Vgl. Hilger, Faustpfand, S. 255.
 
[22] Scherstjanoi, Elke: Die Sowjetische Deutschlandpolitik nach Stalins Tod 1953. Neue Dokumente aus dem Archiv des Moskauer Außenministeriums. In: VfZ, 46 (1998), S. 497-549, hier S. 508, S. 534, S. 542 f.
 
[23] Berija/Molotov Nr. 29/B vom 14.4.1953 an das Präsidium, Gen. Malenkov. Abgedruckt in: Peresmotreny prigovory v otno[sinvcircumflex]enii inostrancev. In: Istoènik, Heft 4/1994, S. 110 f.
 
[24] Ebenda.
 
[25] Vgl. Dokument 6) im Dokumententeil.
 
[26] Auszug aus dem Protokoll Nr. 6 der Sitzung des Präsidiums des ZK vom 15.4.1953. Peresmotreny, S. 111.
 
[27] Die Beschlüsse sind in den Akten ehemaliger Kriegsgefangener enthalten, die das Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung (HAIT), Dresden, im Zuge seines Projekts über die Verurteilungen Deutscher durch sowjetische Militärtribunale archiviert hat. U.a. Akten Kurt H., Joachim C., Peter F. und Gerhard E. Sch. (IfA/HAIT-Archiv, Nr. G01693; Nr. G04461, Nr. G04840 und Nr. G03302).
 
[28] Aide mémoire der Regierung der UdSSR vom 26.6.1953, in: Beziehungen DDR - UdSSR 1949-1955. Dokumentensammlung. 2 Halbbände. Ost-Berlin 1975, S. 437 f. Vgl. ferner Konasov, Viktor B.: Sudebnoe presledovanie nemeckich voennoplennych v SSSR. Vne[sinvcircumflex]nepolitièeskij aspekt problemy, Moskau 1998, S. 98; Novik, Faina I.: "Ottepel`" i inercija cholodnoj vojny. Germanskaja politika SSSR v 1953-1955 gg., Moskau 2001, S. 199 f. Zum 17. Juni selbst sind aus Anlaß des 50. Jahrestags zahlreiche Untersuchungen erschienen. Der Forschungsstand ist dargestellt in: Fricke, Karl Wilhelm; Engelmann, Roger: Der "Tag X" und die Staatssicherheit. 17. Juni 1953. Reaktionen und Konsequenzen im DDR-Machtapparat. Bremen 2003, S. 7-19.
 
[29] Vgl. hierzu besonders die Dokumentensammlung Naumov, V. u.a. (Zusammenstellung): Lavrentij Berija. 1953. Stenogramma ijul'skogo plenuma CK KPSS i drugie dokumenty. Moskau 1999.
 
[30] Vgl. Konasov, Sudebnoe presledovanie, S. 98-105.
 
[31] Im April war die erste Kommission von einer noch niedrigeren Zahl Deutscher ausgegangen, ohne daß sich die Differenz anhand der vorliegenden Akten erklären läßt. Bericht Kruglov, Gor[sinvcircumflex]enin, Safonov, Fedotov und Dolgich vom 10.4.1953. In: Peresmotreny, S. 108-110.
 
[32] Vgl. Hilger, Faustpfand, S. 258-260; Borchard, Michael: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Zur politischen Bedeutung der Kriegsgefangenenfrage 1949-1955. Düsseldorf 2000, S. 171 f.
 
[33] Beschluß des ZK-Präsidiums Nr. P31/3 vom 28.8.1953, in Mironenko, Sergej u.a. (Hrsg.), Sowjetische Speziallager in Deutschland 1945 bis 1950, Band 2: Sowjetische Dokumente zur Lagerpolitik. Berlin 1998, S. 382.
 
[34] Beschluß des ZK-Präsidiums Nr. P43/66 vom 30.11.1953, in Mironenko u.a. (Hrsg.), Sowjetische Speziallager, Band 2, S. 383 f.
 
[35] Vgl. die Aufstellung im Bulletin des Presse- und Informationsamtes der Bundesregierung Nr. 1 vom 2.1.1954, zitiert nach: Adenauer, Konrad: Briefe 1953-1955. Berlin 1995, S. 420. Bei den Zahlen ist indes zu beachten, daß repatriierte Zivilverurteilte offenbar nicht eigens gezählt wurden.
 
[36] Ebenda. Unwesentlich abweichende Zahlenangaben (4.832) bei Re[sinvcircumflex]in, Leonid: General zwischen den Fronten. Walter von Seydlitz in sowjetischer Kriegsgefangenschaft und Haft 1943-1955. Berlin 1999, S. 309-311; Konasov, Sudebnoe presledovanie, S. 105.
 
[37] Einzelfälle dokumentiert im HAIT-Archiv.
 
[38] Beschluß des ZK-Präsidiums Nr. P43/66 vom 30.11.1953, in Mironenko u.a. (Hrsg.), Sowjetische Speziallager, Band 2, S. 383 f.
 
[39] Stellv. Leiter der Gefängnisabteilung MVD, Oberst Klejmenov, an Leiter der Lagerverwaltung Dubravnyj, Oberst Èeremisin, vom 13.1.1954. Akte Gotthold St. (HAIT-Archiv).
 
[40] Hilger, Faustpfand, S. 261f.
 
[41] Stellungnahme zu Punkt 2 der Tagesordnung der Tagung von KPSS und SED am 6.1.1956, zitiert nach Borchard, Die deutschen Kriegsgefangenen, S. 278.
 
[42] Beschluß des ZK-Präsidiums Nr. 63, Punkt V vom 4.5.1954, zitiert nach Jakovlev, Aleksandr u.a. (Hg.): Reabilitacija: Kak ëto bylo. Dokumenty Prezidiuma CK KPSS i drugie materialy. Mart 1953 - fevral` 1956. Moskau 2000, S. 116 f. Vgl. ferner den Befehl Generalstaatsanwalt, MJu, MVD und KGB Nr. 96ss/0016/00397/00252 vom 19.5.1954, GARF, B. 8131 [Staatsanwaltschaft], L. 32, D. 3284, Bl. 40-41ob, auszugsweise abgedr. in Sbornik zakondatel'nych i normativnych aktov o repressijach i reabilitacii ertv politièeskich repressij. Moskau 1993, hier S. 78-80.
 
[43] Erlasse des Präsidiums des Obersten Sowjets zu Reorganisation und Zuständigkeit von Gerichten datieren u.a. vom 1.9.1953, 14.8.1954, 19.8.1955 und 7.8.1957. In Sbornik zakonodatel'nych i normativnych aktov, S. 71-76. Zu Amnestien (u.a. für Jugendliche, Invalide bzw. nach Verbüßung von 2/3 der Haftzeit) vgl. die Verfügungen MVD Nr. 122s und Nr. 85s vom 28.2. und 26.3.1955, GARF, B. 9401, L. 1a, D. 561, Bl. 157 und 256; Ukaze des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 14.7.1954 und 3.9.1955, ebenda, B. 7523, L. 72, D. 175, Bl. 17-19 und D. 522, Bl. 1; undatierte Aufstellung über Bewegungen und Bestand an Strafgefangenen in den ITL und ITK des MVD 1953-1955. In [Sinvcircumflex]ostakovskij, Vjaèeslav N. (Hg.): GULAG (Glavnoe upravlenie lagerej) 1917-1960. Moskau 2000, S. 436-438.
 
[44] Schließlich kam das sowjetische "zaèet-System" auch für die Ausländer zum Tragen, die im GULag einsaßen: Die Sträflinge konnten theoretisch durch ständige Übererfüllung der Arbeitsnorm ihre Haftdauer verkürzen. Vgl. Hilger, Die sowjetischen Straflager, S. 120.
 
[45] Artikel 457 StPO. Ugolovno-processual'nyj kodeks. Oficial'nyj tekst s izmenenijami na 1 nojabrja 1946 g. i s priloeniem postatejno-sistematizirovannych materialov. Moskau 1947.
 
[46] Akte Karl Sch. (IfA/HAIT-Archiv, Nr. G01742).
 
[47] Ratza, Werner: Die deutschen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion. Der Faktor Arbeit. München 1973, S. 226; Bährens, Kurt: Deutsche in Straflagern und Gefängnissen der Sowjetunion, 3 Bände. München 1965, hier Band 3, S. 320 f.
 
[48] Kruglov an ZK der KPdSU (B) und Ministerrat vom 10.9.1955, GARF, B. 9401, L. 2, D. 466, Bl. 71-74.
 
[49] Vgl. Adenauer, Briefe 1953-1955, S. 226-228.
 
[50] Vy[sinvcircumflex]inskij Nr. 6092-i vom 18.8.1945 an Molotov, GARF, B. 9041, L. 2, D. 103, Bl. 356-357. In dieses Auswahlverfahren schaltete Molotov im übrigen umgehend Berija ein, ebenda.
 
[51] Kruglov Nr. 89/k an das ZK der KPdSU vom 12.1.1955, GARF, B. 9401, L. 2, D. 463, Bl. 24 f. Vgl. Novik, Faina I.: Ustanovlenie diplomatièeskich otno[sinvcircumflex]enij medu SSSR i FRG. In: Oteèestvennaja istorija, (1995), Nr. 6, S. 106-119, hier S. 106-108; Foschepoth, Joseph: Adenauers Moskaureise 1955, in Aus Politik und Zeitgeschichte, B22/1986, S. 30-46, hier S. 33 f.; Konasov, Sudebnoe presledovanie, S. 107 f.; Borchard, Die deutschen Kriegsgefangenen, S. 204-208 und S. 219-228; Riesenberger, Dieter (Hg.): Das Deutsche Rote Kreuz, Konrad Adenauer und das Kriegsgefangenenproblem. Die Rückführung der deutschen Kriegsgefangenen aus der Sowjetunion (1952-1955). Bremen 1994, S. 16-20, S. 152.
 
[52] Stourzh, Gerald: Um Einheit und Freiheit. Staatsvertrag, Neutralität und das Ende der Ost-West-Besetzung Österreichs 1945-1955. 4., völlig überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage. Wien 1998, hier S. 420 f., S. 440-447 sowie die entsprechenden Dokumente S. 615-666.
 
[53] Dokumente 7) und 8) im Dokumententeil.
 
[54] Molotov, Danilov, Kruglov, Serov, Baranov und Zorin an ZK der KPSS vom 8.6.1955, GARF, B. 9401, L. 2, D. 465, Bl. 10-66. Der Bericht hatte ursprünglich früher vorliegen sollen, verzögerte sich aber evt. wegen der Einbeziehung der japanischen Gefangenen. Vgl. Re[sinvcircumflex]in, Leonid: Feldmarschall im Kreuzverhör. Friedrich Paulus in sowjetischer Gefangenschaft 1943-1953. Berlin 1996, S. 320.
 
[55] Kommuniqué der sowjetisch-japanischen Rot-Kreuz-Gesellschaften vom 18.11.1953 über die Repatriierung japanischer Kriegsgefangener und Zivilisten. In: Kuznecov, Sergej I.: Japoncy v sibirskom plenu (1945-1956). Irkutsk 1997, S. 241-243.
 
[56] Beschluß des ZK-Präsidiums Nr. P86/66 vom 5.10.1954. In: Mironenko u.a. (Hg.), Sowjetische Speziallager, Band 2, S. 387.
 
[57] Ähnliche Überlegungen griffen für nichtdeutsche Gefangene. Vgl. den Schriftlichen Kommissionsbericht an das ZK der KPdSU vom 9.4.1955. In: Zagorul'ko, Maksim M. (Hg.): Voennoplennye v SSSR 1939-1956. Dokumenty i materialy. Moskau 2000, S. 903.
 
[58] Antwort Schirdewans mit Vermerken Ulbrichts vom 28.7.1955, SAPMO-BArch, DY30, Nr. 3749, Bl. 45 ff. Vgl. Borchard, Die deutschen Kriegsgefangenen, S. 239-241 und Konasov, Sudebnoe presledovanie, S. 109 f. DDR-Innenminister Maron stellte im Februar 1956 die Verurteilung der "Nichtamnestierten" trotzdem noch einmal - folgenlos - zur Diskussion. Maron an Vorsitzenden des Ministerrats, Grotewohl, vom 22.2.1956, BArch, DO1/32.0, Nr. 39722, Bl. 318.
 
[59] Vgl. auch Lemke, Michael: Einheit oder Sozialismus? Die Deutschlandpolitik der SED 1949-1961. Köln 2001, S. 346. Das starke Prestigedenken der sowjetischen Führung läßt sich nun auch aus den Verhandlungen mit Japan belegen: So erläuterte Bulganin einer japanischen Delegation kurz nach Adenauers Auftritt in Moskau mit Blick auf entsprechende sowjetisch-japanische Verhandlungen: "Wir normalisieren die Beziehungen, tauschen Botschafter aus und schicken die japanischen Bürger, die ihre Strafe verbüßen, los. Mit dieser Variante bin ich einverstanden. Aber wenn man uns sagt: Nein, Ihr müßt zuerst unsere Bürger entlassen, und dann schließen wir ein Abkommen: das geht für uns nicht. Das berührt schon unser Prestige, und die Fragestellung klingt wie ein Ultimatum. Wir können darauf nicht eingehen und werden darauf nicht eingehen. [...]. Als wir mit Herrn Adenauer gesprochen haben, da versuchten er und seine Kollegen ebenfalls zuerst, die Frage über die Befreiung der deutschen Bürger zu entscheiden. Aber wir sagten: Nein." Zitiert nach Katasonova, Japonskie voennoplennye, S. 371. Vgl. ebenda, S. 354 f., 360-362.
 
[60] So wurde beispielsweise bis Anfang September 1955 ein Deutscher unter den japanischen Lagerinsassen geführt. Katasonova, Japonskie voennoplennye, S. 356.
 
[61] Dokument Nr. 9) im Dokumententeil.
 
[62] Brochhagen, Ulrich: Nach Nürnberg. Vergangenheitsbewältigung und Westintegration in der Ära Adenauer. Hamburg 1994, S. 246-248; Ute Schmidt, Spätheimkehrer oder "Schwerstkriegsverbrecher"? Die Gruppe der 749 "Nichtamnestierten", in Hilger u.a. (Hrsg.), Sowjetische Militärtribunale, Band 2, S. 273-350, hier S. 310-313 und S. 345-347.
 
[63] Unberichtigtes Stenogramm der 4. Sitzung der Regierungsdelegationen am 13.9.1955. In: Zolotarev, V. A. u.a. (Hg.), Nemeckie voennoplennye v SSSR 1941-1955 gg. Sbornik dokumentov. Band 1. Moskau 1999, S. 478 f.
 
[64] Schmidt, Spätheimkehrer, S. 297-299.
 
[65] Protokolle Nr. 16/56 und Nr. 22/56 der SED-Politbürositzungen vom 4.4. und 9.5.1956, SAPMO-BArch, DY30/IV 2/2, Nr. 470 und Nr. 476.
 
[66] Kabinettssitzung am 25.1.1956, Punkt C: Behandlung der von den Sowjets nicht amnestierten Kriegsgefangenen. In: Kahlenberg, Friedrich P. (Hg.): Die Kabinettsprotokolle der Bundesregierung, Band 9: 1956, bearb. von Ursula Hüllbüsch. München 1998, hier S.122-125, Zitat S. 125; Schmidt, Spätheimkehrer, S. 297-299 und S. 310-313; Brochhagen, Nach Nürnberg, S. 246 und S. 250.
 
[67] Vgl. z.B. Gustav Sorge und Wilhelm Schubert: Dam, H. G. van u.a. (Hg.): KZ-Verbrechen vor deutschen Gerichten. Dokumente aus den Prozessen gegen Sommer (KZ Buchenwald), Sorge, Schubert (KZ Sachsenhausen), Unkelbach (Ghetto in Czenstochau). Frankfurt a.M. 1962, S. 242.
 
[68] Schmidt, Spätheimkehrer, S. 332 und S. 344-349, Zitat S. 344; Weinke, Annette: Die Verfolgung von NS-Tätern im geteilten Deutschland. Vergangenheitsbewältigungen 1949-1969 oder: Eine deutsch-deutsche Beziehungsgeschichte im Kalten Krieg. Paderborn 2002, S. 258-262; Leo, Annette: "Der Befragung des Zeugen stehen ständige Hinderungsgründe entgegen." Deutsch-deutsche Rechtshilfe in NS-Verfahren, in dies. u.a. (Hg.), Vielstimmiges Schweigen ... Neue Studien zum DDR-Antifaschismus. Berlin 2001, S. 153-171.
 
[69] Ukaz des Präsidiums des Obersten Sowjets der UdSSR vom 28.9.1955, in Konasov, Sud'by, S. 256.
 
[70]Der letzte Transport sollte am 20. Oktober Moskau verlassen und am 22.10. in der DDR eintreffen. Anlage zur Vorlage Kruglov und Zorin Nr. 2112/k an das ZK vom 24.9.1955, GARF, B. 9401, L. 2, D. 466, Bl. 167-174.
 
[71] Dokument Nr. 10) im Dokumententeil.
 
[72] Adenauer. Briefe 1955-1957, bearb. von Hans Peter Mensing. Berlin 1998, S. 137. Adenauer hat den Vorwurf in seinen Erinnerungen wieder aufgegriffen: Adenauer, Konrad: Erinnerungen bis zur Bundestagspräsidentenwahl 1959. Lizenzausgabe Augsburg 1996, S. 85.
 
[73] Eckart, Lebenserinnerungen, S. 399. Andere Interpretationen hinsichtlich der Verzögerungen verweisen auf Pravda-Artikel gegen die "zügellose Verherrlichung" westdeutscher Heimkehrer, auf die ostdeutsche Mitteilung über reduzierte Transportkapazitäten, auf unklare Transportziele einzelner oder auf sowjetische Vorwürfe über die angebliche bundesdeutsche Zurückhaltung von Sowjetbürgern als mögliche Hintergründe. Borchard, Die deutschen Kriegsgefangenen, S. 273 und S. 280; Schmid, Erinnerungen, S. 578; Williams, Charles: Adenauer. The Father of the New Germany. London 2000, S. 434.
 
[74] Stellv. MVD, Perevertkin, Nr. 222/p an ZK der KPSS vom 7.1.1956, GARF, B. 9401, L. 2, D. 478, Bl. 77.
 
[75] Dokumente Nr. 11) und12) im Dokumententeil.
 
[76] Über die restlichen fünf - nach Abzug von zwei nach September Verstorbenen drei - Gefangenen schweigt sich das ZK aus. Die quantitativen Ungereimtheiten faßt Günther Kowalczyk zusammen. In: ders., 749 Schwerst-Kriegsverbrecher. In: Borchard, Michael; Erler, Peter; Kopalin, Leonid P.: Kriegsgefangene - Politische Häftlinge - Rehabilitation. Sankt Augustin 2000, S. 62-65, hier S. 64.
 
[77] Moeller, Robert G.: War Stories. The Search for a Usable Past in the Federal Republic of Germany. Berkeley 2001, S. 110 mit Anm. 108.
 
[78] Zeidler, Manfred: Stalinjustiz contra NS-Verbrechen. Die Kriegsverbrecherprozesse gegen deutsche Kriegsgefangene in der UdSSR 1943-1952. Kenntnisstand und Forschungsprobleme. Dresden 1996, S. 45 f.
 
[79] Ein Großteil der Zurückgehaltenen hatte Geburtsorte in der UdSSR bzw. Polen. Schriftlicher Bericht Nr. 572/p vom 18.1.1956 und Stellv. MVD, Perevertkin, Nr. 347/p an ZK der KPSS vom 11.1.1956, GARF, B. 9401, L. 2, D. 478, Bl. 152-156 und Bl. 93-109.
 
[80] HA. V/2, Hauptmann Willmann, Bericht vom 30.7.1956 und Treffbericht vom 13.8.1956, BStU, MfS Allg., Zentralarchiv P 1301/58, Bl. 20-22.
 
[81] Direktive NKVD Nr. 489 vom 7.10.1943, GARF, B. 9401, L. 1, D. 686.
 
[82] Schriftlicher Bericht Kruglov an Stalin u.a. vom 24.5.1950, in Zagorul'ko (Hg.), Voennoplennye, S. 916-920.
 
[83] Krekel, Michael W.: Verhandlungen in Moskau. Adenauer, die deutsche Frage und die Rückkehr der Kriegsgefangenen. Bad Honnef 1996, S. 37.
 
[84] Neben der Anwendung des Ukaz des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 17.9.1955 (Amnestie für sowjetische Kollaborateure) auf verurteilte Ausländer spielte hier die Repatriierung so genannter "Staatenloser" eine Rolle. Vgl. Gor[sinvcircumflex]enin, Dudorov, Serov und Semenov Nr. 287/d an ZK der KPSS vom 31.3.1956, GARF, B. 9401, L. 2, D. 479, Bl. 307-308a; Baranov, Dudorov, Gor[sinvcircumflex]enin, Serov und Kuznecov Nr. 434/d an ZK der KPSS vom 19./24.4.1956, GARF, B. 9401, L. 2, D. 480, Bl. 74 f.; Dudorov, Serov, Gor[sinvcircumflex]enin, Baranov und Kuznecov Nr. 555/d an ZK KPSS mit Beschlußentwurf vom 19.5.1956, GARF, B. 9401, L. 2, D. 480, Bl. 155 f.; Bährens, Deutsche, Band 1, S. 237 und Band 3, S. 319.
 
[85] DRK, Suchdienst-Leitstelle, Dr. Wagner, betr. Verlautbarungen über Verschollene in der Sowjetunion, 29.1.1963 (Kopie beim Verf.).
 
[86] Zeidler, Manfred u.a. (Hg.), Gefangene in deutschem und sowjetischem Gewahrsam 1941-1956: Dimensionen und Definitionen. Dresden 1999; Overmans, Rüdiger: Deutsche militärische Verluste im Zweiten Weltkrieg. München 1999, S. 288 f.
 
[87] Dokumente Nr. 13a) und 13b) im Dokumententeil.
 
[88] 1954 bis 1961 wurden bis zu 800.000 sowjetische Bürger rehabilitiert. Fein, Elke: Geschichtspolitik in Rußland. Chancen und Schwierigkeiten einer demokratisierenden Aufarbeitung der sowjetischen Vergangenheit am Beispiel der Tätigkeit der Gesellschaft MEMORIAL. Münster 2000, S. 65-73; Vesnovskaja, Galina F.: Statistika o reabilitacii, in Dobrovol'skij, I. V. (Hg.): GULAG: Ego stroiteli, obitateli i geroi. Frankfurt a.M 1999, S. 408-418; Naumov, Vladimir: N. S. Chru[sinvcircumflex]èev i reabilitacija ertv massovych politièeskich repressij. In: Voprosy istorii, (1997), Nr. 4, S. 19-35 (engl., aktualisierte Fassung in: Taubman, William u.a. (Hg.), Nikita Khrushchev. New Haven 2000, S. 85-112); Taubman, William: Khrushchev. The Man and his era. New York 2003, S. 263-289; Pyikov, Chru[sinvcircumflex]èevskaja ottepel`, S. 15-115. Vgl. allg. Goudoever, A. P. van: The Limits of Destalinisation in the Soviet Union. Rehabilitations in the Soviet Union since Stalin. London 1989; Junge, Marc: Bucharins Rehabilitierung. Historisches Gedächtnis in der Sowjetunion 1953-1991. Berlin 1999, S. 18, 39-45 (russ. Ausg. 2003). Zum Begriff selbst siehe Artizov, A. N./ Sigaèev, Ju. V.: Vvedenie, in: Jakovlev (Hrsg.), Reabilitacija, S. 7-14, hier S. 7.
 
[89] Während die Russische Militärhauptstaatsanwaltschaft für den Zeitraum 1962-1987 von 35.000 Rehabilitierungen sowjetischer Bürger ausgeht, nannte der Vorsitzende des Obersten Gerichts für die Zeit von 1964 bis 1987 ganze 240. Kopalin, Leonid: Zur Rehabilitierung ausländischer Opfer der sowjetischen Militärjustiz. In: Deutschlandarchiv, 27 (1994), S. 884; Smith, Kathleen E.: Remembering Stalin's Victims. Popular Memory and the End of the USSR. Ithaca 1996, S. 140-141. Vgl. ferner Shapiro, Jane P.: Rehabilitation policy under the Post-Khrushchev leadership. In: Soviet Studies, 20 (1968-69), S 490-499; Borisov, Ju. S.;Golubev, A. V.: Politièeskaia reabilitacija v SSSR (1950-1960-e gg.) v osve[sinvcircumflex]èenii zapadnoj istoriografii. In: Oteèestvennaja istorija, (1992), Nr. 5, S. 205-209.
 
[90] Ein entsprechender Entwurf war noch 1990 vom Obersten Sowjet der RSFSR abgelehnt worden, während sich die UdSSR weiterhin auf die Zeit des Stalinismus konzentrierte. Vgl. den Ukaz des Präsidiums des Obersten Sowjets vom 16.1.1989 und den Ukaz des Präsidenten der UdSSR vom 13.8.1990, in: Generalstaatsanwaltschaft der Russischen Föderation (Hg.), Sbornik zakonodatel'nych i normativnych aktov, Bd. 1, S. 9-12.
 
Mittlerweile geht man von etwa 4,5 Millionen Rehabilitierungen aus. Vgl. u.a. Davies, Soviet History, S. 17; LaFraniere, Sharon: Russia Keeps Stalin Locked in its Past, in Washington Post Foreign Service, 24.9.2002 (www.washingtonpost...ntentId =A57580-2002Sep23).
 
[91] Memorial fordert beispielsweise transparentere und allgemeinere Regelungen sowie eine unzweideutige Verurteilung des vergangenen Systems. Vgl. Fein, Geschichtspolitik in Russland,, S. 204 und 216-217.
 
[92] Davies, R. W.: Soviet History in the Yeltsin Era. London 1997, S. 33-75; Fein, Geschichtspolitik in Russland, 208-222. Zum Umbruch vgl. u.a. McFaul, Michael: Russia's unfinished revolution. Political change from Gorbachev to Putin. Ithaca 2001; Hahn, Gordon M.: Russia's Revolution from Above. Reform, Transition and Revolution in the Fall of the Soviet Communist Regime. 1985-2000. New Brunswick 2002.
 
[93] Gesetz vom 18.10.1991 mit Änderungen und Ergänzungen vom 3.9.1993, Art. 2. In: Wagenlehner, Günther: Die russischen Bemühungen um die Rehabilitierung der 1941-1956 verfolgten deutschen Staatsbürger. Dokumentation und Wegweiser. Bonn 1999, S. 92-110.
 
[94] Ebenda, Artikel 1.
 
[95] Wagenlehner: Die sowjetischen Bemühungen, S. 114-133.
 
[96] Ebenda, S. 134-153.
 
[97] Kopalin, Die Rechtsgrundlagen, S. 367 f.; Èièuga, A. V.: Rechtsgrundlagen der Verfolgung nazistischer Verbrecher und ihrer Helfershelfer - einige Probleme der Rehabilitierung. In: Hilger u.a. (Hg.): Sowjetische Militärtribunale, Band 2.
 
[98] Vgl. Dokumente Nr. 14 a)-e) im Dokumententeil.
 
[99] Vgl. Wohlmuther, Cordula: Lageralltag und Strafjustiz, in Hilger u.a. (Hg.), Sowjetische Militärtribunale, Band 2, S. 145-176, hier S. 149 f. Zur Gesamtproblematik Solomon, Peter H.: Soviet Criminal Justice under Stalin, New York 1996, S. 408-453; Filtzer, Donald: Soviet Workers and Late Stalinism. Labour and the Restoration of the Stalinist System after World War II. Cambridge 2002, S. 29, 159 ff.; Hagenloh, Paul M.: "Socially harmful elements" and the Great Terror. In: Fitzpatrick, Sheila (Hrsg.): Stalinism. New Directions. London 2000, S. 286-308. Seine Arbeit zeigt, daß diese justizielle Instrumentalisierung ihr Pendant in Polizeiaufgaben und -tätigkeit hatte. Vgl. ferner Shelley, Louise: Policing Soviet Society. The evolution of state control. London 1996, S. 14-37.
 
[100] Vgl. im Gegensatz dazu die Regelungen deutscher Rehabilitierungsgesetze nach 1989. Vgl. Rüfner, Wolfgang: Die Rehabilitierung der Opfer des SED-Unrechtsregimes, in Brunner, Georg (Hg.): Juristische Bewältigung des kommunistischen Unrechts in Osteuropa und Deutschland. Berlin 1995, S. 228-250, hier S. 232 f.
 
[101] Fein, Geschichtspolitik in Rußland, S. 183 f.; McFaul, Russia's unfinished revolution, S. 158.
 
[102] Hahn, Russia's Revolution, S. 497 ff.; McFaul, Russia's unfinished revolution, S. 157 ff.; Ignatow, Assen: Vergangenheitsaufarbeitung in der Russischen Föderation. Köln 1997, S. 16-22.
 
[103] Petrov, Nikita: Zehn Jahre Archivreform in Russland. In: Knoll, Harald u.a. (Hg.): Konflikte und Kriege im 20. Jahrhundert. Aspekte ihrer Folgen. Graz 2002, S. 143-59; Davies, Soviet History, S. 90-110; Fein, Geschichtspolitik in Russland, 196-200.
 
[104] Baller, Oesten: Die juristische Bewältigung des kommunistischen Unrechts in der Russischen Föderation. In: Brunner (Hg.), Juristische Bewältigung, S. 136-164, Zitat S. 163 f.
 
[105] Adler, Nanci: Victims of Soviet terror. The Story of the Memorial Movement. London 1993; Hochschild, Adam: The Unquiet Ghost. Russians remember Stalin. New York 1994; Smith, Remembering Stalin's Victims; Hahn, Russia's Revolution from Above, S. 497-549; Davies, Soviet History, S. 71-82; Fein, Geschichtspolitik in Russland, 254-7; Wyman, Matthew: Public Opinion in Postcommunist Russia. London 1997; Spinelli, Barbara: Der Gebrauch der Erinnerung. Europa und das Erbe des Totalitarimus. München 2002, S. 282-97. Vgl. als aktuelle Schlaglichter u.a. die Erklärung von Memorial. In: 30 oktjabrja, Nr. 31, 2003, S. 1; Baring, Arnulf: Die Größe in den Köpfen, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 214 vom 15.9.2003, S. 7; Holm, Kerstin: Werwölfe in Uniform und anständige Helden, in: Frankfurter Allgemeine Zeitung Nr. 215 vom 16.9.2003, S. 41.
 
[106] Vgl. u.a. Wagenlehner, Die russischen Bemühungen, S. 150 f.; Julius Strauss, 2 Pound-a-month sop to Stalin's Russian victims. In: Telegraph, 7.2.2003 (www.telegraph.co.uk).
 
[107] Davies, Soviet history, S. 107-110, Zitat S. 107; Waller, J. Michael: Secret Empire. The KGB in Russia Today. Boulder, Co. 1994, v.a. S. 183-246; Hahn, Russia's Revolution from above, S. 498 f.; McFaul, Russia's unfinished Revolution, S. 157 f.
 
[108] David Satter, Stalin's Legacy, in: National Review Online, 14.3.2003; Gregory Feifer, Russia: With Hindsight People See Stalin as Positive Leader, Radio Free Europe, 3.3.2003 (http://www.rferl.org/nca/features/2003/03/04032003180319.asp.).
 
[109] Vgl. McFaul, Russia's unfinished revolution, S. 326-328; Wyman, Matthew: Public Opinion in Postcommunist Russia. London 1997, S. 120-123, 131, 138 f. und S. 231-235. Vgl. generell Solomon, Peter H.: Legality in Soviet Political Culture: A Perspective on Gorbachev's reforms. In: Lampert, Nick u.a. (Hg.): Stalinism. Its nature and aftermath. Essays in honor of Moshe Lewin. Armonk 1992, S. 260-287.
 
[110] Vgl. Gelman, Vladimir: Regime Transition, Uncertainty and Prospects for Democratization: The Politics of Russia's Regions in a Comparative Perspective. Berlin 1999, S. 11; Sergeyev, Victor / Biryukov, Nikolai: Russia's Road to Democracy. Parliament, Communism and Traditional Culture. Aldershot 1993, S. vii. Vgl. ferner die passionierte und höchst subjektive Darstellung des Vorsitzenden der präsidialen Rehabilitierungskommission: Yakovlev, Alexander N.: A century of violence in Soviet Russia, London 2002, u.a. S. 25 und S. 235.